Im Affekt: Liebe Damen und Herren der SRG-Geschäftsleitung

Nr. 6 –

Mit der Wertschätzung ist das ja so eine Sache. Geld allein macht nicht glücklich und so, aber eine stattliche Lohnerhöhung macht auch nicht unglücklich, oder? Aber im Ernst, wie war das nochmals, als die No-Billag-Initiative mit 71,6 Prozent wuchtig verworfen wurde? Die SRG-Geschäftsleitung trat damals in der Person von Generaldirektor Gilles Marchand vor die Medien und verkündete kleinlaut, das Ergebnis sei ein klarer Sparauftrag.

Später gabs Tadel aus dem Bundesrat wegen der hohen Boni, die die SRG-Kader sich in der Pandemie auszahlen liessen. Und jetzt? Jetzt verzichten Sie, werte Damen und Herren der SRG-Geschäftsleitung, grosszügig auf diese leistungsabhängigen Prämien – und lassen sich diesen Verzicht vollumfänglich über eine Lohnerhöhung kompensieren. Zwanzig Prozent mehr Fixlohn für die SRG-Kader, wie die «Schweiz am Wochenende» publik machte.

Verdammt noch mal, in was für einem kaputten Paralleluniversum leben Sie eigentlich? Selbstachtung Fremdwort, oder was?

Da bekennt sich die Bevölkerung an der Urne zur SRG, und Sie bedanken sich demütigst mit einem Hundert-Millionen-Franken-Sparprogramm. Klar: Spare in der Zeit, so hast du in der Not, weiss der Volksmund, der übrigens auch nicht immer recht hat. Mag sein. Sie aber, werte Damen und Herren der SRG-Geschäftsleitung, verdrehen das in eine neofeudalistische Geschäftsmaxime: Spare bei deinen Untergebenen, so bleibt umso mehr für dich selber übrig. Mitten in einer millionenschweren Sparübung ist das erstens eine Beleidigung für das ganze SRG-Personal. Und in einer Zeit, da die SVP gerade ihre Initiative zur Halbierung der SRG in Anschlag bringt, ist das zweitens vor allem auch unfassbar dumm und zynisch.

Es muss schon hart sein, wenn man sich seine Wertschätzung nur über den Lohn holen kann. Aber wissen Sie, was? Dass gewisse politische Kreise auf die Abwicklung der SRG zielen, das ist nicht gegen Sie persönlich gerichtet. Aber nach Ihnen die Sintflut, richtig?

Laut SRG-Geschäftsbericht geht der Trend generell zu zurückhaltenden Lohnerhöhungen bei Kadern: «Die Kaderlohnpolitik der SRG folgt diesem Trend.»