Neues aus der Wissenschaft: Grüne Gentrifizierung
Wir Städter:innen in der Schweiz leben in vielerlei Hinsicht nachhaltiger als unsere ländlichen Nachbar:innen (sorry): Viele von uns fahren Velo statt Auto, und die Biodiversität ist bei uns grösser als dort, wo Tag und Nacht die Gülle aufs monokulturelle Feld gekarrt wird. Denn wir pflegen das Urban Gardening auf Balkon und Dachterrasse, und Guerilla Gardening bringt auch noch die kleinsten öffentlichen Grünflächen zum Blühen. Kein Wunder, fühlen sich bedrohte Wildbienen selbst in Zürich so wohl, dass sich gleich 164 verschiedene Arten angesiedelt haben. Wo doch fast die Hälfte der rund 600 Wildbienenarten hierzulande bedroht ist.
Aber Achtung, wir sollten uns nicht zu viel auf unsere Nachhaltigkeitsambitionen einbilden, sind die in den vergangenen Jahren doch gehörig aus dem Ruder gelaufen. Besonders bei den Hobbyimker:innen, wie eine neue Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zeigt: Die urbanen Honigbienenstöcke haben sich zwischen 2012 und 2018 auf insgesamt 9370 praktisch verdreifacht.
Ein Resultat, das die Grenze der Nachhaltigkeit deutlich sprengt, denn gemäss einer britischen Studie liegt diese bei 7,5 Bienenstöcken pro Quadratkilometer. Selbst eine Vergrösserung der urbanen Grünflächen um 75 Prozent – ein völlig unrealistisches Szenario, wie das WSL-Forschungsteam betont – würde nicht ausreichen, um den Blütenhunger dieser Honigbienen zu stillen. Kommt hinzu, dass die Lieblinge der urbanen Imker:innen auch noch mit den Wildbienen und anderen Bestäuberinsekten um Nahrung konkurrieren. So hat keine Biodiversität Bestand.
Also, liebe Bienenzüchter:innen in Zürich, Basel, Luzern und anderswo: Schliesst euch doch zu Imkergenossenschaften zusammen, und bewirtschaftet die städtischen Allmende im gebotenen Abstand. Oder schwärmt mit euren Honeymakers aufs weite Land aus und praktiziert dort ein bisschen «Guerilla Landscaping» im Namen der Biodiversität.
Wer weiss, vielleicht beflügelt eure Bienenliebe sogar einen neuen Honeymoon zwischen Stadt und Land?