Leser:innenbriefe
Nicht nur russisch
«Das Geschäft mit Putin: Zeit zu handeln», WOZ Nr. 13/2022
Besonders spannend wird die Verfolgung von Oligarchengeldern dann, wenn diese Leute sich darauf berufen, nicht nur russische Staatsbürger zu sein, sondern auch noch Pässe von Zypern oder Israel zu besitzen. Wer wird einem EU-Bürger oder einem Israeli sein Geld beschlagnahmen?
Hanspeter Gysin, Basel
Weltordnung und Energie
Ich muss dem aktuellen Ruf nach neuen Atomkraftwerken und mehr Militärausgaben in Anbetracht des aktuellen Angriffskrieges in Osteuropa vehement widersprechen. Obschon ich auf den ersten Blick hier die Einheit der Materie nicht einhalte, ist der ganze Leserbrief eine Einheit in nur einer Sache.
Erstens müssen wir sowohl wegen des Klimas und der Auslandabhängigkeit von fossilen Quellen wegkommen. Die zusätzlichen Milliarden müssen anstatt für mehr Rüstungsgüter für den Ausbau von neuen, erneuerbaren Energiequellen investiert werden. Ich denke nebst der Windenergie vorab an Solarkollektoren in guten Lagen in Berggebieten, wo sie auch im Winter gute Erträge liefern. Windräder müssen an geeigneten Stellen möglich werden, auch zum Beispiel auf der vordersten Reihe der Juraketten.
Das Argument, dass wir uns mit Sonnenkollektoren von China abhängig machen, zieht nicht, da einmal installierte Kollektoren auch ohne Nachschub weiter Energie liefern und eine eigene Kollektorproduktion innert kürzester Zeit aufgebaut werden kann. Das Know-how ist vorhanden, Quarzsand (Silikon) steht zur Verfügung. Wir müssen uns nicht fragen, ob es kurzfristig teurer wird, sondern nur, ob es bezahlbar bleibt. Die kurzfristigen Zusatzkosten müssen wir sozialverträglich verteilen und uns freuen, dass es dafür längerfristig finanzielle Gewinne bringt.
Zweitens sehen wir heute noch klarer, dass die Landesverteidigung und Atomkraftwerke nicht kompatibel sind; entweder hat man das eine oder das andere. Sie schliessen sich gegenseitig aus, wie es schon Kurt Marti vorausgesehen hat. Mit AKWs wird ein Atomkrieg auch mit konventionellen Waffen möglich!
Auch müssen wir Fliehende aus andern Ländern gleich gut behandeln wie die Ukrainer, war doch der Einsatz der Russen in Syrien das Übungsfeld für den Einsatz in der Ukraine. Dass wir dies in Syrien und auf der Krim so geschehen liessen, war die Ermutigung, es nochmals zu probieren.
In der Annexionsserie Tibet, Tschetschenien, Syrien, Ukraine werden wir wohl als Nächstes über georgische und dann taiwanesische Flüchtlingskrisen klagen. Die vor dem Klima Fliehenden kommen noch dazu! Wieso werden jetzt kollektive Gefahren für die Aufnahme akzeptiert, während früher nur individuelle Gefahren galten? Wieso werden Nichtukrainer ungleich behandelt?
Ulrich Burri, Biel
Zu TPFL-lastig
«Krieg in Äthiopien: Das nächste Versprechen», WOZ Nr. 13/2022
Wir sind ja immer sehr dankbar, wenn die WOZ fürs «Afrika Bulletin» inseriert – doch ob es von den über Afrika Schreibenden auch gelesen wird, bezweifeln wir zumindest seit diesem Artikel: Hier wurden unhinterfragt die Mainstreammedien nachgebetet!
Dabei ist es ein Fakt, dass diese weitgehend von Berichten allein aus tigrinischen Quellen gespeist sind, denn die TPFL hat sich in den dreissig Jahren ihrer Herrschaft bis 2018 bestens vernetzt, indem sie meist nur Tigriner in Positionen von Auslandskorrespondenten hievte, und darüber hinaus haben die USA offensichtlich weniger Sympathie für die Regierung Abiy als für die vorherige TPFL-Regierung, die den amerikanischen Interessen willfähriger nachgab als die jetzige. Und dass die Eritreer, die jetzt das Land um Badme kontrollieren, das ihnen nach dem mörderischen Grenzkrieg in den Friedensverhandlungen von 2001 zugesprochen, aber von der TPFL-Regierung nie überlassen wurde, nun als «Besetzer» apostrophiert werden, ist schlichte historische Ignoranz.
Ob allein die äthiopische Armee Hilfstransporte verhinderte – mit welchen sie, nicht völlig unbegründet, auch Waffenlieferungen befürchtete –, ist ebenfalls umstritten … ohne dass wir eine Hand für irgendwelche Armeen ins Feuer legen würden.
Susy Greuter, Afrika-Komitee, per E-Mail
Apartheid
«Menschenrechte: Ein Wort wie ein Hammerschlag», WOZ Nr. 6/2022
Das Wort «Apartheid» ein Hammerschlag? Es steht für Fakten, die für jene, die damit leben müssen, eine tägliche quälende Realität ist. Zahlreiche Journalist:innen und Buchautor:innen – jüdische und nichtjüdische – haben seit Jahren und Jahrzehnten darüber berichtet, was inzwischen in drei grossen Menschenrechtsreporten dokumentiert ist (B’Tselem, Januar 2021; Human Rights Watch, Juli 2021; Amnesty, Februar 2022). «What is untrue?», fragt der israelische Journalist Gideon Levy. Unser Respekt muss jenen gelten, die unter der Geissel der Apartheid leben und als freie Menschen leben wollen … Die Fakten der Apartheid der israelischen Politik können nicht widerlegt werden. Gegen das Wort anzukämpfen im Versuch, die Glaubwürdigkeit der «Botschafter» zu untergraben, wird nichts nützen. Der Autor hat nicht erlebt, wogegen er anschreibt.
Elisabeth Lutz-Höffling, Zollikofen BE