Das Geschäft mit Putin: Zeit zu handeln
Es ist Zeit, dass die Parteien Farbe bekennen: Die Schweiz ist eine der wichtigsten Rohstoff- und Finanzdrehscheiben für Wladimir Putin und dessen Clique, die Krieg gegen die Ukraine führen. Achtzig Prozent der russischen Rohstoffe werden über die Schweiz gehandelt; ein Grossteil der Milliardenerlöse landet wiederum auf dem hiesigen Finanzplatz. Die Parteien müssen entscheiden, wo sie stehen: auf der Seite der Menschen – oder des Geldes?
Jahrelang haben SVP, FDP und Die Mitte alles getan, um dieses Geschäft zu fördern. Durch Dumpingsteuern und maximale Intransparenz. Auch seit der Finanzkrise 2008 haben sie sich nur gerade so weit bewegt, wie sie vom Ausland gezwungen wurden. Vor einem Jahr weigerten sie sich – entgegen internationalen OECD-Standards –, Anwält:innen dem Geldwäschereigesetz zu unterstellen. Dies, obwohl diese auch für Oligarchen mit Luxusgütern handeln oder für sie Sitzgesellschaften gründen, hinter denen Geld versteckt wird. Die Parteien sind auch gegen die Einführung eines Registers wie in der EU, das offenlegt, wer hinter Sitzgesellschaften oder Rohstofffirmen steht. Das russische Geld fliesst dorthin, wo niemand Fragen stellt.
Das Geschäft ist nicht erst seit dem Krieg hoch problematisch: Die Oligarchen sind über die korrupte Verschacherung sowjetischen Staatsbesitzes an ihre Vermögen gekommen, zum Leidwesen der Bevölkerung. Der Krieg verdeutlicht nur, dass mit dem Geschäft zusätzlich ein aggressives Regime gestützt wurde, das ganz Europa mit atomarer Zerstörung droht. Vor allem verhindert die hiesige Intransparenz, dass die internationalen Sanktionen gegen Oligarchen richtig umgesetzt werden können: Niemand weiss, wo die Vermögen überall liegen.
Ideologisch untermauert wurde das Geschäft über Jahrzehnte mit einer engstirnig ausgelegten Neutralität: Wer sich überall raushält, kann mit jedem geschäften. Wie WOZ-Recherchen zeigen, hat SVP-Nationalrätin und Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher, die auch jetzt strikte Neutralität fordert, in ihrem Konzern angeordnet, im Bezug auf die Ukraine nicht von Krieg zu sprechen. Um Putin nicht zu verärgern.
Anders als die SVP sagen FDP und Die Mitte zwar Ja zur Übernahme der internationalen Sanktionen. Doch das reicht nicht: Anwält:innen müssen endlich dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden; es braucht ein Register, damit die Profiteure hinter Sitzgesellschaften und Rohstofffirmen einsehbar werden. SP, Grüne und auch GLP fordern dies angesichts des Krieges noch nachdrücklicher. Doch SVP, FDP und Die Mitte weigern sich nach wie vor, hier etwas zu tun.
Zudem braucht es jetzt wie in den USA oder Deutschland eine Taskforce mit allen spezialisierten Behörden, die die Oligarchenvermögen aktiv aufspürt. Der Bundesrat vertraut darauf, dass Anwält:innen oder Kantone, die von Vermögen wissen, diese schon melden. Was das bedeutet, konnte man im Schweizer Fernsehen sehen, wo der Zuger SVP-Finanzdirektor Heinz Tännler meinte, dass ihn das alles nichts angehe. Willkommen in der Fonduerepublik!
Anders als SP und Grüne will nebst der SVP auch die FDP nichts unternehmen. Lieber ruft Nationalrat Andri Silberschmidt in der «Arena» die EU medienwirksam zum Handelsembargo für russisches Gas auf – im Wissen, dass seine Worte in Brüssel ohnehin keine Folgen haben. Die von SP und Grünen verlangte Taskforce (gegenüber der sich die GLP immerhin offen zeigt) lehnt nebst der FDP auch Die Mitte ab, die nur bei Immobilien und Luxusgütern aktiv suchen will. Die Weigerung, sämtliche Vermögen von Putins Oligarchen aufzuspüren, ist schlicht einer der grösseren Skandale der jüngeren Schweizer Geschichte.
Farbe bekennen heisst nicht, auf Twitter gelb-blaue Herzchen zu posten und radikale internationale Sanktionen zu beklatschen, auf die man ohnehin keinen Einfluss hat. Es bedeutet zu handeln, auch dort, wo es den eigenen Geldinteressen zuwiderläuft.