Literatur: Am Krieg vorbei
Wer Romane über afrikanische Geschichte aus der Perspektive afrikanischer Autor:innen sucht, findet sie meist in deutscher Übersetzung aus einem englischen Original, das den britischen Kolonialismus thematisiert. Yara Nakahanda Monteiros Debütroman, «Schwerkraft der Tränen», übersetzt aus dem Portugiesischen, verspricht dagegen eine Erinnerungsreise in die Zeit des Unabhängigkeitskriegs zwischen Angola und Portugal in den 1960er und 1970er Jahren. Endlich ein Schlaglicht auf ein Land und historische Ereignisse also, die vielen wenig bekannt sind.
Die Protagonistin Vitória, wie Monteiro in Angola geboren und in Portugal aufgewachsen, reist als Erwachsene auf der Suche nach ihrer Mutter Rosa nach Angola. Diese war während des Kriegs Soldatin, hatte ihre kleine Tochter bei ihren Eltern gelassen und war seither verschollen. Vitória leidet unter dem Verlust der Mutter und der Tatsache, dass dieser ihr Land wichtiger war als ihr Kind. In Angola, von dem ihr nur vage Erinnerungen geblieben sind, will Vitória auch darauf Antworten finden.
So weit vielversprechend. Doch selbst wenn man der Autorin zugesteht, dass sie der Widersprüchlichkeit von Lebensrealitäten literarisch gerecht zu werden versucht, erscheinen die Handlungsstränge oft beliebig und deren Auswahl wenig nachvollziehbar, zudem bleiben sie oberflächlich. Während Monteiro das Nachtleben in der Hauptstadt Luanda im Detail schildert – leider ist das irrelevant für die Suche nach der Mutter –, erfährt man nichts über den Krieg. Die Rollen, die die Mutter und andere Protagonist:innen darin spielten, deutet die Autorin nur an. Doch nicht nur die Darstellung der Figuren, auch die Angolas lässt Tiefe vermissen. Das Thema von «Schwerkraft der Tränen» weckt keine Erwartungen auf klare Antworten oder gar Schlussfolgerungen, aber doch auf mehr Reflexion.
Yara Nakahanda Monteiro: Schwerkraft der Tränen. Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler. Haymon Verlag. Innsbruck 2022. 280 Seiten. 34 Franken