Zoo: Paul Rechsteiner: Ein Kluger mit Herz geht

Nr. 41 –

Zack, bumm! Mit einem Paukenschlag hat SP-Ständerat Paul Rechsteiner seinen Rücktritt aus der Politik auf Ende Jahr bekannt gegeben. Die Schaffenskraft und Gradlinigkeit dieses Mannes war und ist ein Glücksfall für den Kanton St. Gallen und für die ganze Schweiz. Schon hagelt es Begriffe wie «Schwergewicht», «Urgestein» und «Doyen», was nach 36 aktiven Jahren in der Politik auch passt und doch der Bedeutung dessen, was Paul Rechsteiner in dieser Zeit geleistet hat, nicht gerecht wird.

Rechsteiner politisiert zielführend. Mit klarer, unbestechlicher Haltung ergreift er Partei für die Menschen, die wenig haben und in unserem reichen Land oft ignoriert und vergessen werden. Erst kürzlich prangerte er an, dass sich die Mehrheit der bürgerlich-saturierten Ständeräte nicht schämte, die Unterstellung von Hausangestellten unter das Arbeitsgesetz abzulehnen. Dazu passt, dass Rechsteiner seine Arbeit als Anwalt in all den Jahren nicht aufgab und auch jetzt weiterführen wird.

In aller Kürze hier ein paar wichtige Stationen seiner politischen Tätigkeit: Seit 1986 im Nationalrat, war Rechsteiner von 1998 bis 2018 Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, wo er mithalf, das diskriminierende Saisonnierstatut abzuschaffen; er war Miterfinder der flankierenden Massnahmen – insbesondere des Lohnschutzes – und massgeblich an der Umsetzung des Verfassungsartikels «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» beteiligt.

Als Anwalt erreichte Rechsteiner juristisch die Rehabilitierung von Paul Grüninger in St. Gallen, was nicht nur für dessen Familie eine (viel zu späte) Genugtuung bedeutete, sondern auch ein wichtiges Element für die Aufarbeitung der Schweizer Geschichte im Zweiten Weltkrieg war.

Eine kleine Sensation brachte er zustande, als er 2011 im konservativen St. Gallen statt dem damaligen SVP-Präsidenten Toni Brunner zum Ständerat gewählt wurde. Zweimal wurde Rechsteiner im Amt bestätigt. Mit seinem Rücktritt ermöglicht er der St. Galler Linken eine Ersatzwahl vor den eidgenössischen Wahlen im Herbst 2023 – ein kluger Schachzug zum Schluss.

Julie Schilf hat die dickste Haut im Getümmel: Im «Zoo» auf woz.ch stellt sie klar, was wichtig ist.