Was weiter geschah: Steigender Druck auf Klima­kompensierer

Nr. 22 –

Das Unternehmen South Pole mit Sitz in Zürich ist der Weltmarktführer für freiwillige CO₂-Kompensation. Dank ihm können Firmen ihre Produkte klimaneutral nennen, indem sie dafür zahlen, dass ihre Emissionen woanders kompensiert werden, etwa durch den Schutz eines Regenwalds.

In den letzten Monaten ist das Unternehmen aber unter Druck gekommen, seit bekannt wurde, dass sein Prestigeprojekt Kariba, das in Simbabwe 750 000 Hektaren Wald schützen soll, viel weniger CO₂ eingespart hat als behauptet. Nun erlebt die Firma neue Rückschläge.

Vergangene Woche erklärte das Filmfestival von Cannes die Zusammenarbeit mit South Pole zur Kompensation für beendet. Man sei nicht sehr erfreut über das, was man über Kariba erfahren habe, sagte Festivalmanager François Desrousseaux gegenüber dem TV-Sender France 3. Mitte Mai hatte schon der italienische Modekonzern Gucci das Ende der Zusammenarbeit verkündet. Seit 2019 hatte sich Gucci – unter anderem dank CO₂-Zertifikaten aus Kariba – als vollständig klimaneutral betitelt, ein Versprechen, das der Konzern mittlerweile von seiner Website gelöscht hat. Gucci reagierte damit wohl auch auf die wachsende Kritik an der Bezeichnung klimaneutral.

Auch Firmen wie Nespresso, Lavazza und Booking.com haben laut SRF Hinweise auf das Kariba-Projekt von ihren Websites genommen. Dieses steht zudem vor einer ungewissen Zukunft: Simbabwes Regierung hat angekündigt, die Kontrolle über den freiwilligen Emissionshandel in ihrem Land übernehmen zu wollen. Fünfzig Prozent der Einnahmen aus Projekten wie Kariba sollen künftig an den Staat fliessen, alle bestehenden Abkommen mit internationalen Projektbetreibern für nichtig erklärt werden.

South Pole prüft seitdem die potenziellen Auswirkungen der Ankündigung auf das Projekt. Weiter will sich die Firma vorerst nicht äussern. Vom Versprechen der Klimaneutralität will sie mittlerweile selbst wegkommen. «Wir haben erkannt: Dieser Anspruch wurde leider missverstanden und in seltenen Fällen sogar für Greenwashing genutzt», so eine Sprecherin.

Nachtrag zum Artikel «Pinguin mit Beule» in WOZ Nr. 9/23.