Arbeit auf Abruf: Unterm Glanz der Oberfläche

Nr. 7 –

Das Reinigungsunternehmen Batmaid will mit einem Anti-Schwarzmarkt-Image Marktführer werden. Sein Geschäftsmodell basiert jedoch auf ungesicherten Arbeitspensen – zum Teil mit gravierenden Folgen für Beschäftigte.

Werbeplakate der Firma Batmaid
Eine saubere Kampagne: Die Firma Batmaid gibt sich das Image des verantwortungsbewussten Arbeitgebers.

Dass sie in der Reinigungsbranche landeten, ist dem Zufall geschuldet. Denn Andreas Schollin-Borg (35) und Eric Laudet (37), die Gründer der Firma Batmaid, sind vor allem eines: ambitionierte Unternehmer. Ausgebildet in Finanzwirtschaft, Rohstoffhandel und Management, sind sie in der Welt der Märkte und Margen zu Hause. Und in jener der Vielbeschäftigten, die sich daran gewöhnt haben, dass jede Dienstleistung nur ein paar Klicks entfernt ist.

Was ihn dazu bewog, die Putzvermittlung Batmaid zu lancieren, erzählte der Lausanner Schollin-Borg im Mai 2023 im Podcast von Swisspreneur, einer Plattform für aufstrebende Start-ups: Um sich zu einer Geschäftsidee inspirieren zu lassen, zog er 2014 vorübergehend nach New York. Als sich ein Freund zum Besuch anmeldete, machte ihm seine ungepflegte Bude Sorgen. Also suchte er online nach einem Putzdienst – und wurde in wenigen Minuten fündig. «So etwas brauchen wir auch in der Schweiz», habe er sich gedacht. Den Markt erkannte er schnell: «Achtzig Prozent der Putzkräfte in Privathaushalten arbeiten hierzulande schwarz», betont er. «Das ist ein Lohnvolumen von einer Milliarde Franken.» Dieses Potenzial zu erschliessen, haben sich Eric Laudet und Andreas Schollin-Borg zur Aufgabe gemacht.

Batmaid startete als Techunternehmen, das das schnelle Onlinebooking perfektionierte. In einer Minute eine Putzkraft auswählen und einen konkreten Termin vereinbaren können, das war neu. 2015 legte das Start-up in Lausanne und Genf los, danach eroberte es Stadt für Stadt das ganze Land. Der ehemalige Tennisweltstar Martina Hingis als Werbebotschafterin sorgt für eine frische, sympathische Marke. Die Oberfläche glänzte von Anfang an in dieser Erfolgsstory.

«Hausreinigung ‹à la Uber›»

Maria Pereira* bleibt in dieser Geschichte auf der Strecke. Im Mai 2023 wird sie aus der Schweiz weggewiesen, weil sie laut den zuständigen Behörden zu viel Sozialhilfe bezogen habe (vgl. «Wegweisung wegen Sozialhilfebezug» im Anschluss an diesen Text). Sie hatte ab 2019 für Batmaid gearbeitet, und obwohl sie fast immer zur Verfügung stand, kam sie nie über einen Lohn von 1300 Franken. Eine zusätzliche Beschäftigung oder einen besseren Job fand sie nicht. So muss die über fünfzigjährige Portugiesin nach über zehn Jahren in der Schweiz ihre Koffer packen.

Ladina Marthaler kennt Pereira aus dem Kafi Klick, einer Anlaufstelle für Armutsbetroffene in Zürich. «Sie ist eine sehr kleine und zierliche Frau, aber rau», erinnert sich die Koleiterin des Kafi Klick. Und sie habe gewirkt, als könnte sie viel aushalten. Das dürfte ihr geholfen haben, mit den Arbeitsbedingungen bei Batmaid klarzukommen.

Was sagt Martina Hingis?

Gerne hätte die WOZ erfahren, was die ehemalige Tennisspitzenspielerin und heutige Batmaid-Markenbotschafterin Martina Hingis über die Arbeitsbedingungen beim Reinigungsunternehmen denkt. Hingis’ Manager Rolf Huser blockte jedoch jegliche Kontaktaufnahme ab.

Nachdem sich Pereira 2019 dort als Reinigerin beworben hat, werden ihr Kund:innen zugeteilt. Für eine Stunde erhält sie brutto 23.70 Franken inklusive Ferienentschädigung. Die Wege zwischen den in der Stadt Zürich verteilten Haushalten gelten nicht als Arbeitszeit, auch die Transportkosten trägt sie selber. Ihre Einsätze sind zudem nicht garantiert: Die Kundin kann einen gebuchten Termin bis 48 Stunden vorher kostenlos stornieren, dann entfallen Arbeitsstunden und Lohn.

Maria Pereira ist zäh und nimmt jeden Auftrag an. In den bestausgelasteten Zeiten wischt, staubsaugt und poliert sie achtzehn verschiedene Wohnungen und Häuser pro Monat – und kommt doch auf weniger als zwanzig Stunden Wochenarbeitszeit. Batmaid fokussiert auf die Wünsche der Kund:innen, nicht auf jene der Angestellten: Andreas Schollin-Borg erklärt im Podcast, dass man «zuerst das Angebot braucht, bevor man die Nachfrage befriedigen kann». Anders gesagt: Es werden möglichst viele Frauen (und ein paar Männer) rekrutiert, damit für jedes Kund:innenbedürfnis jemand zur Verfügung steht. Aber niemand garantiert den Putzkräften vernünftige Arbeitsschichten oder einen existenzsichernden Lohn.

Es ist das Geschäftsmodell, das Schollin-Borg in einem Interview im Westschweizer Branchenmagazin «Monde économique» kurz nach der Lancierung von Batmaid «Hausreinigung ‹à la Uber›, auf Abruf» nennt. (Später wird er den Vergleich mit dem Fahrdienst von sich weisen.) Die Plattform agiert als reine Vermittlerin, die Reinigerinnen und Kund:innen zusammenbringt, an jedem Einsatz mitverdient, aber keine Arbeitgeberpflichten kennt. Eric Laudet beschreibt das Erfolgsrezept im gleichen Interview so: «Es braucht Algorithmen, die die Abläufe reibungslos gestalten, ein Kundenerlebnis wie in einem Hotel und spektakuläre Marketingkampagnen.» Besonders Letztere machen das Start-up gross. Ab 2019 gerät Batmaid allerdings in die Kritik. Das Westschweizer Fernsehen RTS und der «Beobachter» prangern die Schattenseiten des Uber-Modells an. Laut diesen Berichten erhalten Putzkräfte kein garantiertes Einkommen, sind weder gegen Krankheit noch gegen Unfall versichert und verpassen die Einkommensschwelle für die Pensionskassenvorsorge, weil zu dieser Zeit jeder Kunde als separater Arbeitgeber gilt. Zudem tragen sie das Risiko, wenn die Kreditkarte einer Kundin nicht gedeckt ist. Auch Maria Pereira muss mehrmals ihrem Lohn nachrennen.

2019 interveniert die Gewerkschaft Unia in der Romandie und erreicht in Einzelfällen, dass die Frauen von Batmaid wie ordentliche Angestellte behandelt werden. «Die Firma lenkte ein, denn so konnte sie sich den Gang vor Gericht sparen, wo vielleicht generell gegen ihre Praktiken entschieden worden wäre», sagt Aldo Ferrari von der Unia. Nachdem sich auch andere Gewerkschaften und das Arbeitsamt der Waadt, wo Batmaid seinen Hauptsitz hat, eingeschaltet haben, ergreift das Start-up schliesslich die Flucht nach vorn.

Grosse Versprechen

In einer PR-Offensive verkünden Andreas Schollin-Borg und Eric Laudet, dass sie ab dem 1. Januar 2021 zum Arbeitgeber würden, weil Corona gezeigt habe, dass die Frauen und Männer an der Front mehr Schutz bräuchten. Was andere schon seit zwanzig Jahren machen, verkauft Batmaid seither als seine grosse Mission: die «saubere Anstellung» und die Bekämpfung des Schwarzmarkts. Der Neubeginn ist zunächst aber nur ein halber: Die bestehenden Kund:innen dürfen wählen, ob sie zum neuen Batmaid wechseln oder beim bisherigen Modell bleiben wollen, das unter dem Namen Batwork weiterbesteht. Von Pereiras damals siebzehn Auftraggeber:innen wechseln nur drei zum Arbeitgebersystem. Inzwischen kämen 96 Prozent der Einnahmen vom neuen Batmaid, betont Schollin-Borg gegenüber der WOZ.

Für die Angestellten ist das nur scheinbar eine gute Nachricht, wie sich zeigen wird. Im Kafi Klick verkehren noch andere Batmaid-Beschäftigte. «Die Frauen waren erleichtert, als sie vom Wechsel zum Arbeitgebermodell hörten», erinnert sich Ladina Marthaler. Denn damit gelten die Vorgaben des Gesamtarbeitsvertrags (GAV): Die Angestellten sind kranken- und unfallversichert und können in die Pensionskasse einzahlen. Die wöchentliche Arbeitszeit wird vertraglich festgehalten, zum Teil werden Transportkosten und Reisezeiten vergütet. Auch Maria Pereira macht sich zuversichtlich auf, um im Zürcher Batmaid-Büro ihren neuen Vertrag abzuholen. Bald darauf taucht sie damit empört im Kafi Klick auf: Dieses Dokument wolle sie nicht unterschreiben! Denn Batmaid hat den Grundlohn um 2.60 Franken auf den Mindestansatz gemäss GAV gesenkt – während die Kund:innen fortan 5 Franken mehr pro Stunde bezahlen. Als Arbeitgeberin muss die Firma offenbar anders kalkulieren, weil die soziale Absicherung höhere Kosten mit sich bringt. Pereira sieht keine andere Möglichkeit, als die neuen Bedingungen am Ende dennoch zu akzeptieren.

Von den erhofften Verbesserungen wird nur eine für alle wirksam: die Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall. Doch in die Pensionskasse (PK) kann Pereira nichts einzahlen, weil sie die dafür massgebliche Lohnschwelle von 22 050 Franken im Jahr nicht erreicht. Das gilt für einen Grossteil der Angestellten. Zwar sagt Andreas Schollin-Borg gegenüber der WOZ: «Das Ziel ist, die Anzahl Stunden pro Person zu maximieren.» Seit Januar 2021 sei die durchschnittliche Beschäftigungsrate von 25 auf 42 Prozent gestiegen. Beim aktuellen Bruttolohn von 24.43 Franken pro Stunde ist für den PK-Eintritt allerdings ein Pensum von 45 Prozent nötig.

Vielleicht würden mehr Angestellte dieses Ziel erreichen, wenn sich Batmaid auch an die GAV-Vorschrift zur Reisezeit hielte. Diese besagt, dass bei kurz hintereinanderliegenden Einsätzen der Transfer von Kunde A zu Kundin B als Arbeitszeit angerechnet werden muss. Zudem müssen dann anfallende ÖV- oder Autokosten erstattet werden. Schollin-Borg sagt, Batmaid respektiere in diesen Punkten den GAV. Alle befragten Frauen berichten jedoch übereinstimmend, dass sie nichts von der GAV-Vorschrift wussten – und ihnen weder Transportspesen noch Transferzeiten jemals vergütet worden seien. Als sich die WOZ-Autorin als Bewerberin ausgibt, um diese Aussagen zu überprüfen, erhält sie am Telefon von einer freundlichen Mitarbeiterin dieselbe Auskunft: Innerhalb des selbstgewählten «Stammgebiets» werde nur die reine Putzzeit bezahlt.

Dass Einsätze kurz hintereinander stattfinden, ist allerdings nicht die Regel, denn der Algorithmus ist nicht auf kompakte Arbeitsschichten programmiert. Die Frauen berichten von oft zerstückelten Tagen: zwei Stunden am Morgen, drei Stunden am Nachmittag, weit auseinanderliegende Adressen – nicht anders als in den Anfängen «à la Uber».

Denn Batmaid hat sein ursprüngliches Geschäftsmodell nicht aufgegeben, sondern praktiziert es unter dem Label des verantwortungsbewussten Arbeitgebers weiter. Das zeigt auch ein Blick in die der WOZ vorliegenden Arbeitsverträge, die gemäss GAV die normale Wochenarbeitszeit enthalten müssen. Die meisten Frauen, mit denen die WOZ gesprochen hat, haben Verträge, in denen ihnen nur vier Arbeitsstunden pro Woche garantiert sind, selbst wenn sie zu hundert Prozent einsatzfähig sind, andere solche mit neun oder elf. Alle arbeiten mehr, als im Vertrag steht, und bei allen schwankt das monatliche Einkommen. Konkret das Beispiel einer Somalierin, von der sämtliche Lohnabrechnungen vorliegen: Mit einem Vierstundenvertrag arbeitete sie ein Jahr lang zwischen 10 und 22 Stunden pro Woche. Der WOZ-«Bewerberin» erteilt die freundliche Mitarbeiterin folgende Auskunft: Im kleinstmöglichen Pensum müsse sie zwölf Stunden pro Woche verfügbar sein und bekomme vier Stunden garantiert. Innerhalb der zwölf Stunden müsse sie alle zugewiesenen Aufträge annehmen.

Verlorene Stunden

«Diese Praxis ist rechtswidrig», sagt Ladina Marthaler, die sich auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse spezialisiert hat. «Muss man in Rufbereitschaft sein und darf man die Einsätze nicht ablehnen, handelt es sich um Arbeit auf Abruf. Die Stunden der Rufbereitschaft müssten – zu einem tieferen Ansatz – entschädigt werden, denn in dieser Zeit kann man ja keiner anderen Arbeit nachgehen.» Genau dieser Umstand machte es für Maria Pereira so schwer, einen ergänzenden Job zu finden. Sie hielt sich grosse Zeitfenster frei in der Hoffnung, so möglichst viele Einsätze zu ergattern, und konnte diese Stunden für nichts anderes nutzen, das Geld einbringt. Dass Batmaid die Angestellten immer noch auf Abruf beschäftigt, dürfte einen einfachen Grund haben: Die Kund:innen können gebuchte Termine nach wie vor kostenlos stornieren – auch wenn die Frist dafür neuerdings auf 28 Tage erhöht wurde. Dieses Ausfallrisiko kann die Firma weiterhin auf die Putzkräfte abwälzen.

Konfrontiert mit diesem Vorwurf, wehrt sich Andreas Schollin-Borg vehement: Batmaid praktiziere keine Arbeit auf Abruf. Die Aussage im Bewerbungsprozess, für einen Vierstundenvertrag müsse man mindestens zwölf Stunden verfügbar sein, sei ein Fehler der Büromitarbeiterin gewesen; es gebe keine solche Regelung. «Achtzig Prozent der Reinigungen finden regelmässig statt», sagt er weiter, «die restlichen zwanzig Prozent entfallen vor allem auf Kunden, die selber unregelmässig arbeiten, etwa Ärzte, und deshalb auf wechselnde Termine angewiesen sind.» Die Arbeitsverträge würden alle drei Monate überprüft und die Stunden nach oben angepasst, wenn genug Nachfrage bestehe und das Verhalten der Putzkraft einwandfrei sei.

Tatsache ist: Noch immer kann man bei Batmaid online in einer Minute einen konkreten Putztermin buchen. Wie soll das gehen, ohne dass Menschen auf Abruf dafür bereitstehen?

Da das Thema nicht im Arbeitsgesetz geregelt ist, können Betroffene nur auf dem aufwendigen Klageweg die Rufbereitschaftsentschädigung einfordern: Massgebend sind die Urteile des Bundesgerichts. In bisherigen Entscheiden zu anderen Firmen setzte das Bundesgericht die geschuldete Vergütung auf 25 bis 50 Prozent des Grundlohns fest. Der Rechtsweg ist im Fall von Batmaid allerdings besonders beschwerlich. Die kirchliche Beratungsstelle DFA betreut immer wieder Reinigerinnen aus dem Raum Zürich, gegen die Batmaid eine fristlose Kündigung ausgesprochen hat.

Ein Jurist der DFA sagt dazu: «Diese Kündigungen waren aus unserer Sicht ungerechtfertigt, weil es um geringfügige Verfehlungen ging und im Vorfeld die fristlose Kündigung nicht angedroht wurde.» Das eigentliche Problem sei aber, dass die Frauen nicht an ihrem Arbeitsort dagegen klagen könnten. Als Gerichtsstand gilt der «gewöhnliche Arbeitsort» der Angestellten oder der Sitz des Unternehmens. Da alle Putzkräfte in verschiedenen Stadtkreisen oder Gemeinden tätig seien, gebe es aber keinen gewöhnlichen Arbeitsort, sagt der Jurist. Um ihre Rechte einzufordern, müssen die Betroffenen darum von Anfang an nach Lausanne, wo Batmaid seinen Hauptsitz hat. Noch haben nicht viele diesen Weg auf sich genommen. Laut dem Lausanner Arbeitsgericht gab es seit 2021 vier arbeitsrechtliche Verfahren gegen das Start-up. Eine der fristlosen Kündigungen in Zürich hat nun ein fünftes nach sich gezogen.

Keine Chance auf Direktanstellung

Maria Pereira kommt vor ihrer erzwungenen Ausreise aus der Schweiz ein letztes Mal ins Kafi Klick, um sich bei der Krankenkasse abzumelden und die Kündigungen für Wohnung und Arbeitsstelle zu schreiben. «Sie wollte alles richtig machen», sagt Ladina Marthaler. «Sie hatte sich immer sehr bemüht.» Ständig sei Pereira im Stress gewesen, so oft wie möglich am Putzen und dazwischen auf Stellensuche, um der Sozialhilfe zu entkommen. «Sie wünschte sich eine Direktanstellung in einem grösseren Betrieb, aber solche Arbeitsverhältnisse sind in den letzten zehn Jahren praktisch verschwunden», weiss Marthaler. Längst hätten auch einst beliebte Arbeitgeber wie Spitäler die Reinigungsdienste ausgelagert. Dieser Strukturwandel zwingt immer mehr Menschen dazu, sich für grosse Putzfirmen oder Plattformen wie Batmaid zu verdingen.

Andreas Schollin-Borg und Eric Laudet machen sich diese Entwicklung zunutze. Dank technologiegestützter «on-demand economy» könnten Privatpersonen und Unternehmen «bestimmte Aufgaben mit einer nie da gewesenen Leichtigkeit auslagern», sagte Laudet 2015 im «Monde économique».

Inzwischen ist Batmaid ins Feld der Büro- und der Umzugsreinigungen vorgestossen. 2021 wurde zudem ein Wäscheservice in Lausanne aufgezogen, der allerdings krachend scheiterte. Die Chefs dürften aber weiter aufs Gas drücken, auch wenn dabei manchmal nachgeholfen werden muss: Um den Kund:innen auch an Orten Termine anbieten zu können, wo es keine Putzkräfte gab, mussten Mitarbeiter:innen des Hauptsitzes fiktive Frauenprofile mit dem Namen Zora anlegen, wie die Romandieausgabe des «Blicks» 2022 berichtete. Danach wurden Reinigerinnen mit freien Kapazitäten dazu überredet, die gebuchten Zora-Einsätze zu leisten, die zum Teil weit von ihrem Stammgebiet entfernt waren.

Batmaid will weiter expandieren. Noch ist das Unternehmen nicht profitabel, sondern lebt von Investorengeldern. Doch die Marke ist schon in acht Ländern präsent. Wer in einem Niedriglohnsegment mit geringen Margen bestehen will, braucht die Masse, das ist der Imperativ des Businessplans. Batmaid agiert wie ein sogenannter Disruptor: ein Start-up, das ein bekanntes Produkt (Reinigung) mit einem neuen Ansatz (sofort buchbar) kombiniert und das so lange günstig anbietet, bis alle wesentlichen Konkurrenten verdrängt sind. Danach kann die Rendite eingefahren werden.

«Irgendwann wird die Schweiz unser kleinster Markt sein», sagt Schollin-Borg im Swisspreneur-Podcast. «Wir wollen die Nummer eins der Welt werden.»

* Name geändert.

Ausländer- und Integrationsgesetz : Wegweisung wegen Sozialhilfebezug

Seit dem 1. Januar 2019 gilt das verschärfte Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG): Menschen ohne Schweizer Pass, die Sozialhilfe beziehen, können ihr Aufenthaltsrecht verlieren. Einerseits riskieren sie die Herabstufung in der Hierarchie der Aufenthaltstitel: Wer die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis, unbefristeter Aufenthalt) besitzt, kann auf die Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis, ein bis fünf Jahre gültig, verlängerbar) zurückgestuft werden. Andererseits droht Menschen mit B- oder C-Ausweis der Bewilligungsentzug inklusive Wegweisung aus der Schweiz, wobei beim C mehr Sozialhilfe «erlaubt» ist.* EU- und Efta-Bürger:innen können nicht wegen Sozialhilfebezug ausgewiesen werden, wenn sie mindestens dreissig Prozent arbeiten.

Die Kantone legen Schwellenwerte fest: So wird etwa im Aargau bei einer Person mit C-Bewilligung beim Bezug von 40 000 Franken Sozialhilfe eine Verwarnung ausgesprochen, ab 80 000 Franken kann eine Rückstufung auf das B oder die Wegweisung geprüft werden.* Bei Menschen mit B-Ausweis erfolgt die Verwarnung bereits ab 25 000 Franken, eine Wegweisung kann ab 50 000 Franken geprüft werden. Jeder Fall muss individuell beurteilt werden: Ist der Sozialhilfebezug selbstverschuldet? Wird sich die Person in absehbarer Zeit davon lösen können? Ist eine Wegweisung für Kinder oder Ehegatt:innen zumutbar?

Eine Umfrage bei den Kantonen ergab, dass bis heute rund 500 Wegweisungen hauptsächlich oder unter anderem wegen Sozialhilfebezug verfügt wurden. Betroffene können Beschwerde einlegen. Maria Pereira (vgl. Haupttext) hatte das Pech, in den Ferien zu sein, als die Wegweisungsverfügung eintraf. Bei ihrer Rückkehr war es zu spät, um die Beschwerdefrist einzuhalten. Ob sie ihre Wegweisung noch hätte abwenden können, ist offen. 

* Korrigenda vom 6. März 2024: Im Unterschied zur gedruckten Ausgabe und zur früheren Onlineversion ist der Sachverhalt jetzt präziser dargestellt.

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