Was weiter geschah: Polizeieinsatz an der Paulus-Akademie

Nr. 7 –

Als Csongor Kozma am vorletzten Montag nach Hause kam, fühlte er sich elend. Traurig sei er gewesen über die Vorkommnisse an der Zürcher Paulus-Akademie an diesem Abend, erzählt Kozma, Direktor ebendieser Institution. Traurig darüber, dass sich Leute einfach nicht an die Spielregeln des Dialogs hätten halten wollen. Und dass selbst die Forderung «Leben in Würde für alle in Israel und Palästina» auf zornige Ablehnung stosse. Was war passiert?

Die katholische, aber progressiv ausgerichtete Paulus-Akademie lässt regelmässig wichtige Zeitfragen an öffentlichen Veranstaltungen diskutieren. Vergangenen Montag ging es um den Krieg in Gaza, Initiativen für ein friedvolles Zusammenleben in Israel und Palästina im aktuellen Kontext von Terror und Krieg, aber auch um den Diskurs über den Nahostkonflikt im Westen. Wobei sich dieser schon seit Jahren in schlechtem Zustand befinde, wie Hauptreferentin Viola Raheb urteilte. Raheb, in Bethlehem geboren, aber mittlerweile in Wien lebend, ist evangelische Theologin und Friedensaktivistin. In ihrem Vortrag in Zürich beklagte sie den fehlenden Willen im Westen, sich mit den kolonialgeschichtlichen Wurzeln des Konflikts auseinanderzusetzen.

Raheb kritisierte auch, wie eng der Diskursraum geworden sei – und in diesem Zusammenhang auch die reformierte Kirche der Schweiz. Konkret deren Umgang mit dem ökumenischen Weltgebetstag am 1. März. Die Liturgie dazu stammt jedes Jahr aus einem anderen Land, dieses Mal von christlichen Palästinenserinnen. Die reformierte Kirche empfahl unlängst die Streichung mehrerer israelkritischer Passagen in den Texten aus Palästina. Raheb sagte dazu, es handle sich um einen ungeheuerlichen, spätkolonialistischen Vorgang, Betroffenen vorschreiben zu wollen, wie diese ihr Erleben in Worte fassten.

So viel Empathie mit Palästinenser:innen war dann einigen im Raum zu viel. Besucher:innen begannen, die Veranstaltung nach Kräften zu stören. Von den Veranstaltern werden sie dem evangelikal-fundamentalistischen Milieu zugeordnet. In diesen Kreisen wird ein aggressiver christlicher Zionismus gepflegt, der sämtliche palästinensischen Interessen negiert.

Ein Mann filmte die Geschehnisse, obwohl dies untersagt worden war. Die Referentinnen hatten gewarnt, die Aufnahmen könnten Palästinenser:innen und Israeli, die sich auf der Bühne für Aussöhnung engagierten, in Gefahr bringen. Doch der Mann zeigte sich uneinsichtig, worauf Kozma die Polizei aufbot, die ihn dann zwang, die Filmaufnahmen zu löschen. Kozmas Fazit: «Mit Fanatikern kann man nicht reden.» 

Nachtrag zum Artikel «Weltgebetstag: Zensurvorwurf gegen die reformierte Kirche» in WOZ Nr. 4/24.