Leser:innenbriefe
Kein Warum
«Alexei Nawalny: Er tat, was er konnte – und mehr», WOZ Nr. 8/24
Der russische Politikwissenschaftler Ilya Matveev schreibt, der Kreml habe zweifellos Angst, dass die Todesursache Alexei Nawalnys bekannt wird beziehungsweise, dass wir erfahren werden, warum er gestorben ist. Das kann gut sein. Es gibt dazu eine zweite Erklärung, die ergänzend zur ersten auch plausibel ist, nämlich, dass Warum-Fragen in einer totalitären Gesellschaft abgewertet werden.
Diesbezüglich erzählte der Holocaust-Überlebende Primo Levi, wie er einmal während des Transports ins KZ einen glänzenden Eiszapfen in die Hand genommen habe. Ein Wächter schlug sofort den Zapfen weg. «Warum?», fragte Levi. «Hier gibt es kein Warum», antwortete der Wächter.
Ich bedanke mich dafür, dass die WOZ unsere Warum-Fragen bewahrt.
Jeff Kochan, Tägerwilen
Sehr berührt
«AHV-Abstimmung: Da ist durchaus noch Wut», WOZ Nr. 8/24
Wunderbar. Da ist durchaus noch Wut. Danke den vier Reporter:innen. Hat mich sehr berührt.
Kurt Blatter, Basel
Türkisches Wortspiel
«Bern–Teheran: ‹Noch heute kriege ich Gänsehaut›», WOZ Nr. 7/24
Der Widerstand gegen die Goldmine beim Kaz Dağı wurde durch eine Idee angetrieben, die auf einem Spruchband im Protestcamp stand: «Kazdağları’nın üstü altından değerlidir», im Artikel richtig übersetzt mit «Was am Kaz Dağı über der Erde ist, ist wertvoller als das, was darunter liegt». Der Spruch enthält jedoch auch noch ein hübsches Wortspiel. Gold heisst auf Türkisch «altın» und ist formal identisch mit dem Wort «altın» in «altından». «Alt» heisst unten, «altı» heisst «sein Unteres», «altından» ist die Ablativform davon, hier benutzt, um den Vergleich auszudrücken. Das n wird als Bindekonsonant eingeschoben. Der Spruch bedeutet also gleichzeitig, «Was am Kaz Dagı über der Erde ist, ist wertvoller als Gold». Wie wenn die türkische Sprache sich mit dem eleganten Slogan auch auf die Seite des Widerstands schlagen möchte.
Nurettin Eren, Zürich
Kriminelle Gelder bunkern
«Armeefinanzen: Gier im Bunker, Gehorsam in Bern», WOZ Nr. 8/24
Herr Süssli gehört offenbar noch jener Generation an, in der Armeekarriere Voraussetzung für Wirtschaftskarriere (und umgekehrt) war. Als Banker zeigt er zudem sehr schön den eigentlichen Zweck unserer Milizarmee: die Verteidigung des Finanzplatzes. Dass die Zivilbevölkerung zweitrangig ist, sieht man an den Kampfjetfantasien für einen Luftkrieg über der dicht besiedelten Schweiz. Laut seinem «Schwarzbuch» hegt Süssli nun auch noch Star-Wars-Träume. Dies löst bei den üblichen Verdächtigen des Weltraumkriegs mit Sicherheit einen Jöö-Effekt aus (ils veulent péter plus haut que leur cul). Dabei ist doch klar, dass seit dem Ersten Weltkrieg die beste Lebensversicherung der Schweiz darin besteht, dass wir die schwarzen (und kriminellen) Gelder der ganzen Welt bunkern. Wer greift denn schon seinen sicheren Tresor an! Ja, aber das Geldwäschereigesetz? Es gilt nur für Banken. Das Parlament, das mehrheitlich aus Juristen besteht, hat in weiser Voraussicht Anwälte und Treuhänder davon ausgenommen …
Max Hilfiker, Zürich
Köstlich
«Von oben herab: Stefan Gärtner über Ruedi Nosers Kreuzfahrt», WOZ Nr. 9/24
Köstlich, diese Satire, aber genau so ist es, selbst erlebt: schwierig, ein Bahnbillett ins Ausland zu bekommen, und leicht, Flüge zu buchen. Und das in Zeiten der Flugscham und des Klimawandels.
Peter Spindler, per E-Mail
Weiter so!
«Gaza: Unveräusserliches Recht», WOZ Nr. 9/24
Ich reibe mir die Augen. Ist die WOZ erwacht ob dem Grauen, welches die Armee Israels im Gazastreifen anrichtet? Ich habe mich in den letzten Jahren derart über die Nahostberichterstattung geärgert, dass ich drauf und dran war, das Abo zu kündigen. Ich habs eben erneuert. Weiter so für die Rechte Palästinas!
Hanspeter Gysin, Basel