Leser:innenbriefe

Nr. 12 –

Sehr differenziert

«Antisemitismus: Nicht bei uns?», WOZ Nr. 11/24

Der sehr differenzierte Kommentar zu Antisemitismus in der Schweiz zeugt von grossem Verständnis für die gegenwärtigen und historischen Zusammenhänge. Tatsächlich lässt sich eine aktuelle Lösung – wie im Fall des jungen Zürcher Täters – nicht externalisieren, wie sich das der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr vorstellt. Aufklärung und Bewältigung von Rassismus und Antisemitismus tun not und gehören bereits in den Ethikunterricht der Primarschulen und Oberstufen. Leider wurde im Lehrplan der letzten Jahre der Geschichtsunterricht minimalisiert, und wenn es tatsächlich antisemitische Vorfälle in Schulen gab, standen Lehrpersonen und Schulvorsteher:innen ratlos da. Wenn jüdische Schüler:innen direkt oder über soziale Foren mit Beleidigungen konfrontiert waren, wurde das meistens ohne Folgen übergangen und ignoriert.

Antisemitismus und seine konkreten Auswüchse müssen an der Wurzel angegangen werden, um «das Gerücht über die Juden» (wie es Theodor W. Adorno nannte) einigermassen zu bewältigen.

Thomas Grünwald, Luzern

Warum so verächtlich?

«Durch den Monat mit Mareice Kaiser (Teil 2): Feministische Daddys auf Instagram …», WOZ Nr. 11/24

«Ich finde, den meisten ist geholfen, wenn Männer die Klappe halten und das Klo putzen.» Dies ein Zitat von Mareice Kaiser aus dem zweiten Teil von «Durch den Monat mit…». Wenn ich solches in einem Gespräch hören würde, würde es mich zwar auch stören, aber eventuell würde ich es trotzdem nicht ansprechen. Aber gedruckt in einer Zeitung, in der WOZ, und unter dem Foto speziell nochmals wiederholt und dadurch betont. Warum? Verächtlichkeit und Respektlosigkeit ändern ihr Wesen nicht, wenn andere Vorzeichen an sie gesetzt oder sie etwas anders ornamentiert werden. Sie werden dadurch nicht lustig oder gar belanglos. Verächtliches bleibt Verächtliches, und Respektloses bleibt Respektloses. Feminismus sollte doch kein Freipass für herabsetzendes Denken und Verhalten sein. Feminismus hat es gar nicht nötig, sich auf dieses Niveau herabzusenken. Und die WOZ erst recht nicht.

James Heim, per E-Mail

Jahrelanges Engagement

«Energiepolitik in Norwegen: Rentiere fressen kein Geld», WOZ Nr. 11/24

Die Reportage in der letzten Nummer der WOZ über das umstrittene Windkraftprojekt Fosen in Norwegen hat mich sehr gefreut, und dass das Bild mit den samischen Aktivist:innen es auf die Frontseite geschafft hat, noch mehr. Weniger überraschend für mich, dass bei diesem Grossprojekt mit der Zürcher Energy Infrastructure Partners (EIP) und der Berner Energiegesellschaft Berner Kraftwerke (BKW) sehr viel schweizerisches Kapital beteiligt ist. Umso wertvoller ist der Beitrag der WOZ, einmal mehr auf die internationalen Verstrickungen der Schweiz aufmerksam zu machen.

Anfügen möchte ich, dass hierzulande die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) immer wieder auf solche Zusammenhänge verweist, seien es Rohstoffabbau in indigenen Gebieten, illegale Goldminen im Amazonas, die Situation der Tibeter:innen und der Uigur:innen, die Regenwaldzerstörung, die Rolle der schweizerischen Finanzinstitute oder eben der verschiedenen Minderheiten in den nordischen Ländern. Im Falle der Sámi engagiert sich die GfbV seit ihren Anfängen. An ihre Gründungsversammlung im Jahr 1989 war der Sámi-Aktivist Reidar Erke aus Kautokeino, Norwegen, eingeladen. Der Ursprung des in der WOZ veröffentlichten Bildes vor dem Gebäude der BKW war eine Einladung der GfbV für die Sámi-Delegation samt Rentier. Und immer wieder hat die GfbV auf den Rechtsfall Fosen hingewiesen und freut sich über die Teillösung für die Sámi.

Göpf Berweger, Biel/Bienne

Frauen-Empowerment

«Female Classics: Bauckholt statt Beethoven», WOZ Nr. 10/24

Ich möchte der Autorin für ihren Artikel zur (Nicht-)Sichtbarkeit von Komponistinnen im klassischen Musikbetrieb danken. Sie bezieht sich auf Zahlen der Stiftung Donne, die in der Schweiz aber leider nur zwei Orchester berücksichtigt (Berner Symphonieorchester und Tonhalle-Orchester Zürich) und damit wenig repräsentativ für die gesamte Klassikszene ist.

Bei den subventionierten Symphonieorchestern ist tatsächlich eine gewisse Trägheit, um nicht zu sagen ein Widerstand festzustellen. Die Argumente, die gegen eine häufigere Programmation von Komponistinnen vorgebracht werden, sind nie stichhaltig und zeugen von Feigheit und einer bevormundenden Unterschätzung des Publikums.

Im Bereich der Neuen Musik gibt es einige Ensembles, in deren Programmen von Frauen komponierte Musik schon seit längerem eine Selbstverständlichkeit ist, zum Beispiel das Ensemble Contrechamps aus Genf, das Phoenix-Ensemble aus Basel oder das Ensemble «ö!» aus Graubünden, um nur ein paar zu nennen. Wahrscheinlich wäre die Autorin bei einer etwas ausgedehnteren Recherche auch auf die Basel Sinfonietta gestossen, das einzige ganz der zeitgenössischen Musik verpflichtete Symphonieorchester der Schweiz, ebenfalls subventioniert, und seit Jahren mit Musik von Komponistinnen (darunter viele Uraufführungen) und mit Gastdirigentinnen unterwegs. Unter dem Label «Frauen-Empowerment» spielt das Orchester jede Saison ein Programm mit ausschliesslich Musik von Frauen.

Lukas Burri, Mitglied der Basel Sinfonietta, per E-Mail