Passagierdaten: Muss man halt
Als der Bundesrat 2022 seinen ersten Entwurf in die Vernehmlassung gab, war im erläuternden Bericht die Rede von einem «Paradigmenwechsel»: hin zur Aufbewahrung von verdachtsunabhängigen Daten auf Vorrat. Jetzt soll dieser Paradigmenwechsel vollzogen werden. Vergangene Woche hat der Bundesrat sein Gesetz über die Bearbeitung von Flugpassagierdaten ans Parlament überwiesen. Dieses muss nun darüber befinden.
In der EU sind solche Gesetze längst üblich, ebenso etwa in Kanada und den USA. Es ist also höchste Eisenbahn, findet der Bundesrat. Künftig soll eine eigens geschaffene Einheit der Bundespolizei (Fedpol) jeweils die Daten von Flugpassagier:innen erhalten und diese dann bearbeiten dürfen. Einerseits soll die Einheit Verhaftungen veranlassen, wenn sich gesuchte Verbrecher:innen unter den Reisenden befinden. Andererseits soll sie die Daten untersuchen, etwa hinsichtlich «typischer Bewegungsmuster» krimineller Vereinigungen.
Die Daten umfassen etwa Reiserouten und Vielfliegerstatus. Sie dürfen gemäss Entwurf nur verwendet werden, um Terrorismus oder andere Schwerstkriminalität zu bekämpfen. Wenn dazu keine Verbindung besteht, sollen sie nach sechs Monaten gelöscht werden. Und schon nach einem Monat sollen die Daten pseudonymisiert, also nicht mehr einer Person zugewiesen, werden können. Das ist im Gegensatz zur Anonymisierung umkehrbar. Was als schwerkriminell gilt, regelt ein Deliktskatalog. Dieser umfasst im aktuellen Entwurf etwa die «Finanzierung von Terrorismus», aber auch die «Förderung der rechtswidrigen Einreise».
Der erste Gesetzesentwurf von 2022 ging noch deutlich weiter. Daten hätten länger aufbewahrt werden sollen, die Liste der betroffenen Delikte war länger. Der Landfriedensbruch ist inzwischen aus dem Katalog verschwunden. Entscheidend dafür war ein Entscheid des Europäischen Gerichtshofs vom Juni 2022. Er urteilte damals, dass die Richtlinien der EU, an denen sich auch der Bundesrat orientiert hatte, zu weit gingen, um noch mit den Grundrechten vereinbar zu sein.