Wahl in Indien: Stimmen gegen den Hindustaat
Die Partei von Premierminister Narendra Modi hat die Wahl in Indien erneut für sich entschieden. Modi kann also weitere fünf Jahre regieren. 66 Prozent der Bevölkerung sind an die Wahlurnen gegangen, 2019 waren es 67. Bei Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius also kein schlechtes Resultat. Wer jetzt annimmt, für die Regierungspartei bleibe alles beim Alten, liegt falsch.
Am Montag noch hatten Wahlumfragen eine komfortable Mehrheit für die von der BJP angeführte NDA-Allianz vorausgesagt. Als dann am Dienstag die ersten Wahlergebnisse über die Bildschirme flimmerten, war aber schnell klar: Die BJP bekommt Gegenwind. Und zwar vom Oppositionsbündnis India (Indian National Developmental Inclusive Alliance).
Das indische Parlament hat 543 Sitze. 400 davon, tönte der 73-jährige Premier im Wahlkampf, wolle er diesmal gewinnen. Denn eine Zweidrittelmehrheit hätte der hindunationalistischen Regierung erlaubt, die Verfassung zu ändern. Doch dafür reichte die Gunst der Wähler:innen bei weitem nicht aus. Gerade einmal 240 Sitze konnte die BJP holen, das NDA-Bündnis als Ganzes gewann deren 293. 2019 hatte allein die BJP 303 Sitze gewonnen, das Bündnis 352.
Die grosse Überraschung dieser Wahl: Der Indian National Congress, der das Oppositionsbündnis anführte, gewann 99 Sitze. Insgesamt holte das India-Bündnis sogar deren 232. Bei der Wahl 2019 hatte die Congress-Partei gerade einmal 52 Sitze geholt; das India-Bündnis gab es damals noch nicht. Die BJP muss sich in ihrer dritten Legislaturperiode also auf eine erstarkte Opposition einstellen.
Nach dieser Wahl lässt sich deshalb bilanzieren: Die indischen Wähler:innen haben sich gegen eine autokratische Hindunation entschieden und gegen die Spaltung der religiösen Gemeinschaften gestimmt. Oder zumindest geben sie dem India-Bündnis den Auftrag, solch radikale Tendenzen auszubalancieren.