Verwahrung: Nun debattieren sie wieder

Nr. 33 –

Vor einer Woche wurde eine 75-jährige Frau im Basler Breitequartier in einem Treppenhaus getötet. Der mutmassliche Täter hat bereits vor zehn Jahren im selben Wohnhaus eine Frau umgebracht, in der Nähe ein zweites Tötungsdelikt begangen und einen Mann schwer verletzt. Das Gericht beurteilte ihn als nicht schuldfähig, bis heute befand sich der schizophrene Mann in einer stationären therapeutischen Massnahme, der «kleinen Verwahrung». Auf einem unbegleiteten Freigang hat er nun erneut getötet. Es war eine Tat gegen jede Wahrscheinlichkeit: Die Rückfallgefahr ist gerade bei psychisch kranken Tätern, die in Behandlung sind, unterdurchschnittlich, die Hürden für Freigänge sind extrem hoch.

Die geschlossene Abteilung der Basler Unipsychiatrie strich trotzdem kurzfristig allen Insassen die Ausgänge, mit der Begründung, sie so vor der wütenden Bevölkerung zu schützen. Auf welcher gesetzlichen Grundlage diese drastische Massnahme fusst, ist unklar. Und wer ist eigentlich wütend?

In den Zeitungen war nach der Tat weniger von Wut, sondern vor allem von einer Debatte zu lesen. Bei SRF hiess es: «Diskussion um Verwahrung von Straftätern flammt wieder auf». Die Tamedia-Zeitungen schrieben von einer «Kontroverse um Therapie und Nulltoleranz bei psychotischen Straftätern». Bei CH Media hatte die Tat schon eine «nationale Debatte» ausgelöst. Und die Basler Justiz- und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann forderte: «Solche Debatten müssen geführt werden.» Zitieren liessen sich überall die gleichen zwei, drei rechten Hardliner:innen, überall beschwichtigten die gleichen zwei, drei Experten.

Das eine Debatte zu nennen, wirkt reichlich bemüht – fast sehnsüchtig erscheint in diesem Licht auch die Behauptung, der Fall «könnte den Strafvollzug massgeblich verändern» («NZZ am Sonntag»). Selbst der Psychiater Frank Urbaniok, der sonst nicht mit populistischen Aussagen – etwa zu einem angeblichen Zusammenhang von Nationalität und Kriminalität – hinter dem Berg hält, zeigte in mehreren Medien erhitzten Interviewern die kühle Stirn. Man müsse den Ermittlungsbehörden Zeit lassen, den Fall zu analysieren. Unzweifelhaft die bisher beste Erkenntnis dieser «Debatte».