Leser:innenbriefe

Nr. 39 –

Ein Skandal

«Long Covid: ‹Wir müssen Sie zusammenbrechen sehen›», WOZ Nr. 38/24

Der Bericht über die IV und deren Umgang mit Long-Covid-Betroffenen zeigt mir, dass ein Staat nur so gut ist, wie er mit seinen Schwächsten umgeht. Hier versagt das bürgerlich dominierte Parlament völlig. Was die IV da treibt, ist schlicht ein Skandal, zynisch, diskriminierend und entwürdigend. Sie macht die Opfer von schweren Erkrankungen zu Tätern, die nicht arbeiten wollen, zu Simulanten und bringt sie und Familien in die Armut. Siehe dazu auch die DOK-Sendung «Das System IV – Die unheimliche Macht der Gutachter».

Barbara Hoeffleur, per E-Mail

Dreifach bestraft

«Landesverweise: Manus Abgang», WOZ Nr. 37/24

Im Artikel prangert die WOZ zu Recht die Bigotterie und Xenophobie an, die hinter den Landesverweisen gegen Secondos steht, welche ihr ganzes Leben hier verbracht haben, jedoch für ein Verbrechen nicht nur im Rahmen des Gesetzes bestraft werden wie jeder andere Bewohner des Landes auch, sondern noch doppelt bestraft mit Ausweisung – auch wenn sie keinerlei Bezug zum Land ihrer Eltern haben, nur einfach nie formell Schweizer Bürger geworden sind. Und dazu werden noch suchtkranke Sozialhilfebezüger elegant einem anderen Staat zugeschoben.

Was für mich genauso stossend ist, von euch jedoch nur zwischen den Zeilen aufgezeigt wird: Zur Anwendung der Härtefallklausel, die in solchen Fällen die Ausschaffung verhindert, zählen als «familiäre Beziehungen» gemäss eurem Bericht nur: Ehepartner und eigene Kinder.

Die Schwester des in eurem Artikel geschilderten Mannes als wichtige Bezugsperson zählt also offenbar nicht; aber hätte er irgendwann mal ein Kind gezeugt, dann hätte man wohl die Härtefallklausel angewendet, egal ob er als Süchtiger und Dealer seine Vaterrolle irgendwie vernünftig ausgeübt hätte oder nicht.

Er wird also nicht nur doppelt bestraft mit Gefängnis für seine Tat und noch obendrauf für seinen Status ohne Staatsbürgerschaft, sondern drittens zusätzlich noch für seine Kinderlosigkeit.

Für mich ein deutliches Beispiel dafür, dass, wer sich nicht reproduziert hat, in unserer Gesellschaft als weniger wertvoll als andere betrachtet wird. Die Anwendung des Gesetzes bezüglich Landesverweisen ist also nicht nur getrieben von Xenophobie und Diskriminierung gegen Menschen mit familiärer Migrationsgeschichte, sondern auch vom Pronatalismus, der Menschen ohne eigenen Nachwuchs als minderwertig betrachtet und de facto strukturell diskriminiert.

Elena Konstantinidis, per E-Mail