Film: Untherapierbar
Fabian Biasio sucht eine Verkehrspsychologin auf. Diese staunt: Ihre Klient:innen kommen sonst, weil ihnen ein Gericht nach einem Strassenverkehrsdelikt den Besuch auferlegt hat, Biasio aber kommt freiwillig. Sein Problem: Er hasst Autos. Er hasst sie wirklich und mit gutem Grund, machen sie ihm als Velofahrer, Fussgänger und Vater doch das Leben schwer. Aber Biasio liebt es, selber Auto zu fahren. Das müsste ihm, meint die Psychologin, doch helfen, für beide Seiten Verständnis zu haben.
Und so begibt sich der Fotograf und Filmregisseur auf therapeutische Reise und scheut keinen Aufwand, das Verständnis zu suchen. Er setzt sich zu einem SVP-Nationalrat ins Auto und spricht mit drei weiteren, rast auf dem Beifahrersitz eines Schweizer Aficionados über eine Rennstrecke, mietet in den USA eine Megakarre und hört sich Sätze an wie «It gives me a thrill and makes me feel like a man!».
Die Therapie scheitert: «Ich wollte mir meinen inneren Autohasser austreiben, aber ich habe bloss die Seite gewechselt.» Biasio erlebt in den Weiten des Mittleren Westens automobile Freiheit und weiss doch stets, dass die Freiheit derer im Auto auf Kosten derer draussen geht. Dass der Fun der Freund:innen heisser Schlitten pure Aggression ist. «Das Auto ist eine Waffe, immer», sagt – ausserhalb des Therapiesettings – denn auch die Verkehrspsychologin.
Die scheiternde Therapie ist aber Motor eines höchst unterhaltsamen Roadmovies. Der Film braucht nur hinzuschauen, um die Absurdität des Automobilismus offenzulegen: beim Art-Car-Event in Houston oder bei der Autosegnung durch einen katholischen Priester im Kanton Uri. Natürlich lässt sich mit einem solchen Film keiner überzeugen, der wie Roger Köppel vom «Dschihad gegen das Auto» faselt oder wie SVP-Nationalrat Mauro Tuena noch über den Velofahrer flucht, der ihn korrekt überholt. Seis drum: Autohass ist untherapierbar, und der Gegenstand des Hasses lässt sich – vorerst – nicht aus dem Weg schaffen. Aber man kann wenigstens darüber lachen.