Feminismus: Liebe statt Schläge

Nr. 48 –

Viele Kenianerinnen wehren sich gegen Männergewalt. Sie haben einen prominenten Verbündeten: Eric Onyango Otieno, Kenias bekanntesten Feministen. Seine stärkste Waffe: Schwäche zeigen.

Eric Onyango Otieno, genannt Rix
Jeder dürfe sich angesprochen fühlen: Eric Onyango Otieno, genannt Rix, bringt Männern bei, wie sie mit Frauen gleichberechtigt zusammenleben können.

Der Junge habe gesagt, ein Mann könne eine Frau nicht vergewaltigen. Zwei, drei Männer, ja, aber ein Mann allein, nein. Er habe ihn gefragt, wie er das meine, erzählt Eric Onyango Otieno. Na, ein Mann und eine Frau, das sei eben Sex, habe der Junge geantwortet, und sein erstaunter Blick habe verraten, wie dumm er die Frage fand.

Der Junge war Teilnehmer eines Workshops, den Otieno (36) in Kibera, dem grössten Slum Nairobis, veranstaltete. In Otienos Workshops fragen sich junge Männer, was es heute bedeutet, ein Mann zu sein: Dürfen Männer Schwäche zeigen, ohne als Weichlinge zu gelten? Können Männer, die Gefühle zeigen, stark sein? Und ist es in Ordnung, wenn Männer Frauen auf Augenhöhe begegnen – und zum Beispiel fragen, ob auch sie gerade Sex wollen?

Die Diskussionen seien intensiv, manchmal hitzig, sagt Otieno. Das sei gut, das fördere Zweifel. Er streicht sich mit seinen langen Fingern nachdenklich über den kahlen Schädel und ergänzt: «Ein starker Mann ist bei uns ein Mann, der über andere Männer herrscht. Die meisten Männer in Kenia haben nichts zu sagen. Sie werden beherrscht. Immerhin stehen sie über den Frauen. So sehen sie das.»

«Zu kurzes Kleid»

So wird Gewalt gegen Kenias Frauen ein Ventil für die vom Mann erlittenen Niederlagen im gesellschaftlichen Überlebenskampf. Davon haben viele endgültig die Nase voll. In Afrika wurden laut den Vereinten Nationen 2022 fast 20 000 Femizide registriert – die höchste Rate weltweit. Femizide, also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts, werden häufig von Ehemännern oder Expartnern verübt. Meist geht ihnen körperlicher, emotionaler und sexueller Missbrauch voraus. 725 Femizide soll es 2022 allein in Kenia gegeben haben. Nachdem schon zu Beginn dieses Jahres 31 Frauen umgebracht worden waren, zogen im Februar 10 000 Menschen durch das Zentrum Nairobis. Auf Schildern standen die Namen von Opfern wie Grace Thuiya, Ivy Wangechi, Celestine Nduku, die erstochen, erschlagen oder erwürgt worden waren.

Njeri Wa Migwi, Gründerin von Usikimye
Njeri Wa Migwi, Gründerin von Usikimye, bringt Frauen in Sicherheit.

Njeri Wa Migwi (45) hatte zu den Protesten aufgerufen. Sie ist Gründerin von Usikimye: «Sei nicht still» auf Suaheli. Ihre Organisation hat eines der ersten Frauenhäuser Kenias eröffnet, um Frauen vor ihren Peinigern zu schützen. Wer sie in Nairobis Slum Soweto besucht, wo sie in einer schlammigen Gasse eine Essensausgabe für Frauen und ihre Kinder betreibt, trifft eine Frau, die ihre Wut kaum zügeln kann. «Über die Morde an Frauen hat Präsident Ruto kein Wort verloren. Nach den Protesten gibt es nicht eine tote Frau weniger», sagt sie. Am schlimmsten sei, was Männer nach Morden auf Social Media schrieben. Als vor fünf Jahren eine Studentin in ihrer Nachbarschaft mit einer Axt erschlagen wurde, hiess es, sie habe den Stalker, einen ehemaligen Schulfreund, ermutigt, ihm Hoffnungen gemacht, ihn ausgenutzt und ausserdem ein viel zu kurzes Kleid getragen. An dem Tag beschloss Njeri Wa Migwi, Usikimye zu gründen.

Sie hat ein Bildungsprogramm für Kinder aufgebaut, eine Genossenschaftsbank für Frauen ins Leben gerufen, eine Notrufnummer eingerichtet. Regelmässig fährt sie zusammen mit Polizist:innen los und bringt misshandelte Frauen in Sicherheit. Ihre Energie scheint unerschöpflich, gegen Anflüge von Müdigkeit gibt es Nescafé, doch wenn sie über Männer spricht, winkt sie resigniert ab. «Wir bekommen nirgendwo andere Männer her als die, die wir haben», sagt sie. «Ich kann ihre Einstellung nicht ändern. Mir werden sie nicht zuhören. Sie hören Rix zu. Deshalb ist es wichtig, was er tut.» Rix ist der Spitzname von Eric Onyango Otieno. Er sei ein Verbündeter, auf den sie sich verlassen könne. Er habe auch schon in Soweto seinen Workshop gehalten. Dann lächelt sie unvermittelt. «Das Sofa im Aufenthaltsraum, auf dem die Frauen sitzen, wenn sie zu uns kommen, hat er uns geschenkt.»

Natürlich war Otieno im Januar bei den Protesten. Es hätten mehr Männer auf der Strasse sein müssen, sagt er. Aber es sei ein Aufbruch gewesen. Er ist Kenias bekanntester Feminist. Er will Männern beibringen, wie sie mit Frauen gleichberechtigt zusammenleben können. Jeder dürfe sich gerne angesprochen fühlen. Er kenne keine Grenzen. Auf Instagram wirbt er mit einem Clip: Er wendet der Kamera den Rücken zu, läuft ein paar Schritte, bekleidet nur mit Boxershorts, Hanteln in den Händen. Dann die Sätze: «So sehe ich von hinten aus. Falls du mir folgen willst.» Das tun immer mehr Männer und Frauen. Auf Instagram hat er 25 000 Follower:innen.

Otieno lebt seit einer Weile in den Hügeln etwas ausserhalb Nairobis. Manchmal vermisse er seine Freund:innen, er könne sie nicht schnell in einem Café treffen, aber die Stadt habe ihn ausgelaugt. Der Smog, der Lärm. Vor dem Haus, in dem er jetzt wohnt, stehen Akazien. Ihr Blätterdach taucht den Hof in flirrend grünes Licht. Er schliesst die Tür auf, legt Ringe und Armbänder auf einem Tischchen ab, zündet den Gasherd an und kocht Zitronengrastee mit viel Zucker. Dann klappt er den Laptop auf und versucht zu schreiben.

In seinen Posts spricht er über die Ursachen der Gewalt gegen Frauen. Da sei das Gefühl der Männer, immer härter zu arbeiten und immer weniger zu bekommen. Nach der Unabhängigkeit 1963 hätten die Mächtigen ein ausbeuterisches System einfach beibehalten. Er zitiert den US-amerikanischen Schriftsteller James Baldwin: Machtverhältnisse dringen in die privatesten Begegnungen von Menschen ein und entfremden sie voneinander. Für viele Kenianer:innen ist die wirtschaftliche Lage mit der hohen Inflation tatsächlich schwierig. Die Bevölkerung des Landes ist sehr jung, die Arbeitslosigkeit gerade unter den Jungen hoch. Da sei ausserdem der Alkohol. Das halbe Land saufe sich zu Tode. Und da seien tief verwurzelte patriarchale Strukturen. Immer noch höre er von Frauen absurde Sätze wie: «Er schlägt mich nicht mehr, ich bin ihm egal, er liebt mich nicht mehr.»

Frauen der Organisation Usikimye
Die Frauen der Organisation Usikimye betreiben in Soweto, einem Slum von Nairobi, eine Notfallnummer und führen Buch über Gewaltverbrechen und Übergriffe im Viertel.

Attacke in der Nacht

Solche Sätze konnte Dianah Kamande (44) gut verstehen. In ihrem alten Leben. Damals war sie mit einem Mann glücklich verheiratet – wie sie glaubte –, hatte zwei Töchter und einen Job. «Mein Alltag war anstrengend. Ich habe von morgens bis abends in einer Firma gearbeitet und dann noch den Haushalt gemacht. Für mich fühlte es sich richtig an», erzählt sie in ihrem fast fensterlosen Büro an der Ngong Road, Nairobis grosser, immer verstopfter Verkehrsader. «Wenn er mit mir schimpfte, weil ich das falsche Hemd gebügelt hatte, dann suchte ich die Schuld bei mir. Er schlug mich dabei nicht. Er liebte mich doch trotzdem, oder?»

Als er wieder einmal nach Flüchen das Haus verlassen hatte, machte sie sich Vorwürfe und war froh, als sie hörte, wie er nachts die Tür aufschloss. Doch ihr Mann hatte eine Machete in der Hand und begann auf sie einzuhacken. Sie riss die Hände hoch, um ihren Kopf zu schützen, doch er traf sie immer wieder, ihre Stirn, ihre Schläfe, ihren Nacken. Vor lauter Blut konnte sie nichts mehr sehen, hörte ihn nur brüllen, er werde sie und dann die Kinder töten. Die Nachbarn kamen ihr zu Hilfe. Ihr Mann floh und wurde Tage später festgenommen.

Dianah Kamande
«Passt auf, ihr seid nicht schuld!»: Dianah Kamande schreibt gegen das Victim Blaming an.

«Noch im Krankenhaus habe ich nach dem einen grossen Fehler gesucht, den ich gemacht haben musste», sagt Kamande und lacht, was die Narbe auf ihrer Wange kurz verschwinden lässt. Sie wurde operiert, ihre Gelenke mit Metallplatten verstärkt. Erst allmählich begann sie zu verstehen, dass sie das Opfer eines Verbrechens geworden war. Es gab ihr zu denken, als sie in einer Zeitung las: Mit einer Frau, die so etwas in einem Mann auslöse, könne irgendetwas nicht stimmen. Selbst als ihr Mann wegen versuchten Mordes verurteilt wurde, wurde sie weiter verleumdet. Am Ende schrieb sie ein Buch, um mit ihren Erinnerungen fertigzuwerden. Und um anderen Frauen zu sagen: «Passt auf, ihr seid nicht schuld!»

Eric Onyango Otieno kämpfe auch für sie, sagt Dianah Kamande, wenn er sich im Internet mit Kenias erfolgreichen Männerbloggern anlegte – mit Männern wie Amerix oder Andrew Kibe, die schamlos Victim Blaming betreiben, also die Opfer für die Taten verantwortlich machen, weil sie die Männer ermutigt, ihnen Hoffnungen gemacht, sie ausgenutzt und ausserdem ein viel zu kurzes Kleid getragen hätten. Ein kurzes Kleid sei keine Einladung, ein Nein ein Nein, sagt Otieno. Er habe es schon Hunderte Male geschrieben. Und er werde es noch Hunderte Male schreiben. Zwar gebe er gerne Workshops – er bestreitet damit einen grossen Teil seines Lebensunterhalts –, weil er dort sehe, wie er die Männer erreiche. Aber sein Einsatz im Internet sei wichtiger. «Ich kämpfe gegen diese Propheten des Patriarchats, die Männern immer noch erklären, Frauen seien weniger wert.»

Wer die Kommentare seiner Follower:innen liest, erkennt, was sie beeindruckt. Denn Otieno schreibt und spricht offen über seine Zweifel und Schwächen, vor allem aber über seine eigenen Gewalterfahrungen. Was er tue, sagt er, verdanke er seinem Vater. «Er sollte mich beschützen. Stattdessen hob er mich hoch, schmiss mich gegen die Wand, stellte seinen Fuss auf meinen Kopf, als wolle er eine Schlange zertreten.» Die Gewalt des Vaters habe ihn zum Aktivisten gemacht. Seit über fünf Jahren spricht er nicht mehr mit ihm.

Wenn er in seinen Texten von den Schlägen erzählt, fragt er nach der Wut in der heutigen kenianischen Gesellschaft. «Wut ist etwas, was du nicht siehst. Die Gesichter der Männer auf den Strassen verraten nichts.» Im Internet aber bekommt er sie zu spüren. Einen seiner erfolgreichsten Posts hat er zwischen Bad und Küche verfasst: Männer sollten Monatsbinden bei sich zu Hause haben. Auch wenn sie ohne Frau lebten. Für den Besuch. Einfach als Geste. «Viele Männer schrieben, ich sei ein Spinner oder ein Simp, also einer, der Frauen übermässiges Mitgefühl entgegenbringe, ohne dass er davon etwas hätte.» Wochenlang wurde über den Post gestritten, im Netz, im Radio, sogar im Fernsehen.

Er hat gelernt, Hater zu ignorieren. Wenn es ihm zu viel wird, rückt er den Tisch vor dem Fenster zur Seite, macht den Fernseher an, ruft seine Playlist auf und tanzt. Etwa zu «Tam Tam» von Sally Nyolo aus Kamerun: «Du bist ohne Erde, ich bin ohne Himmel … Du bist ohne Braut, ich bin ohne Bräutigam …» Er schliesst die Augen, seine Arme schreiben tastend Wellen in die Luft. «… Glaube mir, diese Einsamkeit, die wir leben, lässt uns leiden …» Er wiegt sich in den Hüften, sein Körper findet den Rhythmus. «… Keiner, der zu mir sagt: ‹Komm zu mir›, kein Geist, um mich zu beruhigen. Wage, wage, mir zu folgen, lass uns gehen …» Ein Lächeln, er öffnet die Augen. Manchmal stellt er seine Tänze online, versehen mit dem Vorschlag, es auch einmal auszuprobieren. «Viele Männer wissen nicht, wie sie sich ausserhalb eines Fussballplatzes ausdrücken können. Sie haben Angst, als weich und schwach zu gelten.»

Das sei Bedauern, kein Vorwurf. Immerhin hätten sie den Fussball. Er liebt den Sport. «Ein Pass ist eine Aufforderung. Der Ball verbindet uns für einen Augenblick. Wenn ich auf dem Platz bin, spüre ich eine Freude, die ich daheim nicht habe.» Zusammen mit Freunden – Schriftstellern, Journalisten, Künstlern – trifft er sich jeden Mittwoch. Da es in Nairobi nicht viele Lesungen gebe, sie sich aber gerne öfter sehen wollten, hätten sie diesen Ort gefunden: ein mit Maschendraht umzäunter Käfig, ein abgewetzter Kunstrasen, geflickte Tornetze. Während auf dem Platz zwei Teams nach dem Ball jagen, drängeln sich auf der schmalen, wackligen Stahlrohrtribüne die anderen Spieler, trinken gesüssten Kaffee, essen Krapfen, feuern die Kollegen an, lachen und scherzen. Gerade sammeln sie Geld für einen Spieler. Er hat als Fotograf ein Stipendium für die USA bekommen und braucht Hilfe für das Flugticket.

Zuschauer eines Fussballspiels
«Ein Pass ist eine Aufforderung. Der Ball verbindet uns für einen Augenblick»: Jeden Mittwoch trifft sich Eric Onyango Otieno mit Freunden zum Fussballspielen.

Aus der Depression geliebt

Für Otieno, der meistens im Tor steht und den auch hier alle nur Rix rufen, bildet seine Mannschaft eine Gemeinschaft, die vielen Männern fehlt. In den Städten gebe es den Zusammenhalt nicht mehr, den viele Kenianer:innen vom Land gekannt hätten. Als er in eine Depression gerutscht sei, hätten sich seine Freunde für seine Betreuung eingeteilt. Sie hätten für ihn gekocht, seine Wäsche gemacht, abwechselnd auf ihn aufgepasst. «Ich sage immer, ich bin aus der Depression herausgeliebt worden.» In einem Beitrag für die BBC hat er über seine Erfahrungen gesprochen. «In Afrika ist Depression ein Tabu bei Männern. Sie wissen nicht, wie sie über ihre eigenen Gefühle sprechen können. Indem ich über meine Schwäche spreche, will ich ihnen helfen», fasst er zusammen.

«Gebt mir bitte, bitte die schwachen Typen», sagt Bridget Lena Injira (23) mit einem gespielten Flehen in den Augen. Sie habe genug von den «echten» Männern in Kenia, die es einfach nicht schafften, rechtzeitig eine Therapie zu besuchen, und stattdessen an der Schnapsflasche nuckelten. Die Studentin an der Internationalen Universität in Nairobi sitzt in einem leeren Seminarsaal, und fünf Minuten reichen, um ihre Wut zu spüren, die sie mit viel Sarkasmus zu überspielen versucht. Sie ist Mitglied einer Frauengruppe, die sich für die Rechte der Studentinnen einsetzt und Diskussionen organisiert. «Ich will helfen, die Lage der Frauen in unserem Land zu verbessern. Da sollte ich wohl besser in einer Männergruppe sein. Die Männer müssen sich schliesslich ändern. Die wollen nur nicht.»

Es brauche Männer, die anderen Männern entgegenträten, wo es besonders wichtig sei: im Internet. «Social Media ist ein Fluch. Der ganze Frauenhass dort macht mich krank. Aber es kann auch das Gegengift sein. Junge Männer können im Netz andere Sachen lesen und hören.» Ein Rix allein werde nicht reichen. Sie schliesse deshalb nicht aus, in die Politik zu gehen. Sie sagt es mit einem Zwinkern. Wie viele Menschen in Kenia verachtet sie die Regierung. Fürs Erste hätten ihre Mutter und sie ihren jüngeren Bruder überzeugt. Er werde in seinem Leben für Frauen Partei ergreifen. Manchmal denke sie, es könne nur in solchen kleinen Schritten gehen: «Der wichtigste Ort dafür ist die Familie.»

Eric Onyango Otieno erzählt mit seiner sanften Stimme, dass er seinen Mut von seiner Mutter habe. Sie begann, sich gegen den Mann, der die Familie ernährte, aufzulehnen. «Sie war der Mensch, der mir zeigte, was ein Mensch ist.» Er begann, Bücher zu verschlingen: Malcolm X, Nina Simone, James Baldwin. Seine Heldinnen, seine Anführer. Schon als Teenager sei er in der Uniform seiner Schule zu Demonstrationen gegangen. Staatliche Unterdrückung erinnere ihn an die Tyrannei zu Hause.

Der Präsident geht shoppen

Natürlich hat er auch an den Protesten gegen die Regierung in diesem Sommer teilgenommen. Sie richteten sich gegen neue Steuererhöhungen. Gleichzeitig war bekannt geworden, dass Präsident William Ruto für sich und seine Entourage einen Privatjet gechartert hatte. Ziel war New York, der Zweck Shopping. Vor allem junge Menschen zog es auf die Strassen, sie protestierten gegen ein korruptes System, das sie immer ärmer macht. Einige stürmten sogar das Parlament. Die «Gen-Z-Revolution» gilt als Aufschrei der Frustrierten. Doch Präsident Ruto ist immer noch im Amt.

Auch Njeri Wa Migwi war wieder auf der Strasse. «Wenn in Soweto ein Mädchen vergewaltigt wird und dort in die Krankenstation kommt», sagt sie, «dann gibt es da keine Ärzte, keine Medikamente, keine Betten. Das Geld dafür ist nie angekommen, weil es sich ein Politiker in die Tasche gesteckt hat.» Gleich am ersten Tag der Proteste wurde sie von Polizisten auf einen Lkw gezerrt und kam erst nach Mitternacht aus dem Gefängnis frei. Sie hat Angst. Ein Polizist habe ihr gedroht, dass sie beim nächsten Mal verschwinden werde.

Eric Onyango Otieno machen die Proteste Mut. «Als Feminist will ich eine gerechtere Gesellschaft. Eine, in der Männer und Frauen füreinander einstehen.»

Rix sei ein Träumer, sagen manche seiner Freunde. Er lacht. Das sei ein Kompliment. Wer in Kenia von Gerechtigkeit träume, sei ein starker Mann.

Dieser Text wird am Erscheinungstag dieser WOZ mit dem Medienpreis der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung ausgezeichnet.