Film: Keine Kugel ist die bessere Kugel

Nicht die Arschlöcher sein, die vor einem da waren? Keine einfache Aufgabe, schon gar nicht in Belfast. Liam Óg und Naoise versuchen es mit MDMA, LSD, Ketamin und dem Tablettencocktail, den sie sich gegen das angeblich «vererbte Trauma» des jahrelangen Bürgerkriegs verschreiben lassen. Ihre verrückten Trips – darunter eine Szene, die bestimmt auf jeder Hitliste filmischer Rauscherfahrungen landen wird – verarbeiten sie reimend auf Irisch. «Jedes gesprochene Wort Irisch ist eine Kugel für die Freiheit», hatte Naoises Vater (Michael Fassbender) ihnen eingebläut, bevor er seinen Tod inszenierte, um einer Verhaftung als IRA-Kämpfer zu entgehen.
Kneecap heisst das real existierende Hip-Hop-Trio mit Irischlehrer JJ Ó als Drittem im Bunde. Die erste Single der Nordiren erschien 2017 vor dem Hintergrund der Proteste gegen die Marginalisierung der irischen Sprache: «C.E.A.R.T.A» (Rechte) schlug beidseits der Friedensmauer ein, zumindest bei der Generation der sogenannten Waffenstillstandbabys, zu der sich auch die Band zählt. Es folgten weitere Tracks, die mit ekstatischen Beats den torfigen Beigeschmack aus dem Irischen hämmerten und protestantische wie katholische Würdenträger:innen gleichermassen aufbrachten.
Nun startet «Kneecap», Rich Peppiatts Biopic zur Band, die sich darin selber spielt. Vergangenes Jahr vor dem Release des Debütalbums «Fine Art» in Sundance uraufgeführt, wo er den Publikumspreis gewann, erzählt der Film die nicht ganz wahre Entstehungsgeschichte des Trios und übertrumpft dabei noch dessen heilige Ironie. Etwa wenn die ärgsten Feinde der verstrahlten Rapper – die überalterten Radical Republicans against Drugs – über die Frage ins Stottern kommen, wie eigentlich ihre eigene Abkürzung lautet.
Wenn Republikanismus ein «Spektrum» ist, wie es im Film heisst, liegt «Kneecap» an dessen Regenbogenende. Dort, wo es darum geht, Gewalt und Unterdrückung mit kultureller Selbstermächtigung auszuhebeln. Der Film wie die Band: ein einziges Partymanifest für den Frieden.