Literatur: Das Erhabene im Alltäglichen

Nr. 28 –

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Buchcover von «Der Gärtner und der Tod»
Georgi Gospodinov: «Der Gärtner und der Tod». Roman. Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann. Aufbau Verlag. Berlin 2025. 240 Seiten.

Sein Vater sei einst Gärtner gewesen, jetzt sei er ein Garten, schreibt Georgi Gospodinov, der vielleicht bekannteste Schriftsteller Bulgariens, in seinem neusten Buch. «Der Gärtner und der Tod» ist ein zutiefst persönliches, gleichzeitig aber auch universelles Werk, das auf eine liebevolle, tagebuchartige Weise die Flüche der Zeit verarbeitet. Gospodinov hat es kurz nach dem Tod des Vaters geschrieben.

Er dokumentiert darin letzte Begegnungen und prägende Erinnerungen an die Kindheit, schafft literarische Bezüge, etwa zu W. H. Auden oder Susan Sontag, und reflektiert, was der Verlust des Vaters für ihn bedeutet. Was soll er mit der Zeit anfangen, jetzt wo der Vater, mit dem so vieles verbunden war, weg ist? Wo er überall und nirgends zugleich zu sein scheint? Die Literatur als rettende Kraft wird auf über 200 Seiten auf die Probe gestellt.

Durch die in kurzen Kapiteln aneinandergereihten Erzählungen ziehen sich die Geschichten, die der Vater hinterlassen hat. Es sind nicht viele, aber sie stellen ihn als einen Mann vor, der dem Leben mit Humor und Mut begegnete. Als einen bescheidenen, gutherzigen Mann, der den Trost der Philosophie nicht kannte und doch selbst ein Philosoph war. Einer, der das Erhabene im Alltäglichen entdeckte, wovon auch sein Garten, in dem Tomaten und Pfingstrosen wachsen, zeugt.

Vielleicht ist das Schreiben ja tatsächlich eine mögliche Rettung für den Schriftsteller. In seinen Büchern jedenfalls ist der Vater stets anwesend, überall kann man ihn finden, und so bietet das Buch auch Einblicke in Gospodinovs Gesamtwerk. Das macht «Der Gärtner und der Tod» auch zur Reflexion über die eigene Tätigkeit als Schriftsteller. Die Metapher der Botanik bietet Trost: Das Ende ist zugleich ein Anfang, aus dem neue Geschichten erwachsen.