Im Affekt: Kein Pendeln mehr nach Basel

Das Fricktal, diese kleine Idylle im Nordwesten des Aargaus, eingebettet zwischen Rhein und Jurakette, hat ja einiges zu bieten: Da sind die feinen Fricktaler Chriesi, die im Sommer rot und prall an den Bäumen baumeln. Da sind die Reben, die dank des milden und sonnigen Klimas in dieser Region gut gedeihen und deren Trauben zu Wein verarbeitet werden. Da gibt es zahlreiche Burgruinen in den Wäldern, in denen man ungestört Partys bis in den frühen Morgen feiern kann.
Was das Fricktal allerdings bisher nicht hatte, war ein Gymnasium. Und das war auch gut so. Hunderte von Schüler:innen wurden dadurch nach der Bezirksschule aus dem unteren Fricktal rauskatapultiert, reisten täglich mit dem Zug nach Muttenz im Baselland oder eine Station weiter nach Basel. Es war für viele der erste kleine Sprung in eine grössere Welt. Plötzlich waren zuvor unbekannte Dinge möglich: Zmittag auf dem Barfüsserplatz, Brockenhausbesuch im Kleinbasel mit anschliessendem Sprung in den Rhein oder spontane Kinobesuche. Doch damit ist nun für die meisten zukünftigen Unterfricktaler Gymnasiast:innen Schluss.
Diese Woche wurde die erste Kantonsschule des Fricktals eröffnet – weil Basel-Stadt und Baselland wegen Bevölkerungswachstum kaum mehr Fricktaler:innen aufnehmen, war das seit längerem überfällig. 130 Schüler:innen fanden am Montag den Weg in den Neubau in Stein, um dort bei einem Festakt von SVP-Bildungsdirektorin Martina Bircher empfangen zu werden. Diese sprach sich vor vier Jahren vehement gegen die Pflegeinitiative aus, weil von deren Umsetzung nur «Studierte» und Akademiker:innen profitieren würden, wie sie in der SRF-«Arena» behauptete. Dass nun ausgerechnet sie das neue Haus für zukünftige Akademiker:innen eröffnet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
«130 Jugendliche müssen nun nicht mehr wie ihre Vorgänger nach Basel pendeln», schreibt die «Aargauer Zeitung» freudig. Und man möchte zurückschreien: «Leider!» Denn das war kein Müssen damals, sondern das grosse Glück.
Auch zynisch: Als «offenes Haus und einen zentralen Ort der Begegnung» bezeichnete Martina Bircher, die seit Jahren eine Politik des Ausschlusses betreibt, das neue Gymnasium.