Sachbuch: Mit Gramsci auf Sardinien
Der ehemalige Konstanzer Theaterintendant Christoph Nix führt in seinem Buch «Gramscis Geist» auf Streifzüge durch Sardinien. Seit 44 Jahren bereist Nix die italienische Mittelmeerinsel, geschickt verwebt er nun in achtzehn kompakten Kapiteln vielfältige Hintergrundinformationen über Sardinien mit Episoden aus seiner eigenen Biografie und der Lebensgeschichte des marxistischen Philosophen Antonio Gramsci, der auf Sardinien geboren und aufgewachsen ist.
Für den Autor hat es immer viele Gründe gegeben, nach Sardinien zu kommen, sei es ein Familienurlaub, ein künstlerisches Projekt oder auch einfach nur Fernweh. Je nach Anlass wechseln auch die Konstellationen der Mitreisenden: vom abzustillenden Baby bis zum Verlegerfreund, der durchs Lottospielen zum Millionär geworden war. Christoph Nix berichtet in seinem Buch aber auch von verstrahlten Militärübungsplätzen – Sardinien ist nicht nur ein strategisch wichtiger Nato-Stützpunkt, sondern auch ein Waffenversuchslabor – oder von der Entstehung seiner Gramsci-Oper.
Dass sich Nix im Denken des italienischen Kommunisten wiederfindet, wird in seinem Buch sehr deutlich. Doch nicht nur die Einblicke in die politische Theorie des Philosophen sind aufschlussreich, auch die persönlichen Eindrücke, die die Leserin in Auszügen aus Gramscis Briefen an Frau und Kinder gewinnt, sind (literatur)historisch wertvoll. Dennoch bleibt unklar, woher die Faszination des Autors für einen Marxisten rührt, der im frühen 20. Jahrhundert wirkte. Ist es die geteilte Liebe zu Sardinien? Ist es der Wunsch, Gramscis Ideen heute einem breiten Publikum zugänglich zu machen? Oder sind es gar biografische Parallelen, die er sieht? Ein gemeinsames Thema scheint in Nix’ Reiseberichten jedenfalls immer wieder auf: Persönliche Niederlagen und Verluste können bei beiden weder Kampfgeist noch Lebensfreude und politische Haltung brechen.