Den Haag: Keine Anklage gegen Norac

Der kroatische Exgeneral Mirko Norac, der gemäss Zeugenaussagen für ein Massaker an über hundert serbischen und kroatischen ZivilistInnen verantwortlich ist, ist in Kroatien verhaftet worden. Doch das Uno-Tribunal in Den Haag, dessen Auftrag die Verfolgung und Bestrafung von Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien ist, interessiert sich nicht für ihn. Es liege keine Anklage gegen Norac vor, erklärte die Sprecherin der Chefanklägerin, Florence Hartmann, letzte Woche vor den Medien. Den Haag werde aber in der Sache mit Kroatien kooperieren. Es stimme nicht, dass das Tribunal einen Deal mit der kroatischen Regierung geschlossen habe. Das Uno-Kriegsverbrechertribunal könne schliesslich nicht alle Kriegsverbrecher aus Ex-Jugoslawien vor Gericht stellen. Zudem sei es wichtig gewesen, die einheimischen Gerichte zu motivieren, ihren Teil der Arbeit zu übernehmen. Eine Kehrtwende also in der bisherigen Politik des Tribunals? Auch dies wollte Hartmann nicht gelten lassen. Die in Den Haag Angeklagten – so etwa der jugoslawische Expräsident Slobodan Milosevic oder der Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic – müssten vom Tribunal gerichtet werden. Inzwischen hat sich auch in Belgrad einiges getan: Milosevic soll in den nächsten Tagen verhört werden, der bosnisch-serbische Exgeneral Ratko Mladic ist untergetaucht, offenbar weil er von der Polizei gesucht wird. Und Milosevics Geheimdienstchef Rade Markovic, dessen Verhaftung auch in Jugoslawien schon lange gefordert wurde, sitzt seit dem Wochenende in Belgrad hinter Gittern.