CU there : Bäume gegen Boni

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Waren Sie kürzlich mal am Paradeplatz? Nein? Da verpassen Sie aber was. Hier gastiert nämlich grade eine grüne Pause, ein Stadtpark en miniature, eine Klimaoase auf Zeit, will heissen: Bäume in Töpfen mit Bänken davor. Ein Pilotprojekt der Stadt Zürich, das Jungbäume vor deren definitiven Pflanzung in «Air Pots» (love that) auf öffentliche Plätze stellt, um «Begrünung sichtbar zu machen» und «Gestaltungsmöglichkeiten zu prüfen».

Bei SRF sprechen Passant:innen bereits von «poetischen Linden», und auch die Formulierung eines «vergänglichen Miniwalds» lässt in mir bös-blumige Erinnerungen ans Germanistikstudium aufkommen. Caspar David Friedrich auf dem Tramhüsli, blaue Blumen zwischen Tramschienen suchend – Spass beiseite, erstens ist der Paradeplatz keine Begegnungszone, höchstens fürs Grosskapital, womit ich bereits in der zweiten Kolumne meiner Planung abtrünnig werde. Sorry! Und zweitens sind Bäume natürlich super, beziehungsweise drittens geht der Spass im Blumentopf bei weitem nicht weit genug. Warum bei den Töpfen aufhören? Gab es da nicht mal ein ganzes Bankgebäude, für das «neue Gestaltungsmöglichkeiten» zu prüfen wären?

Ich erinnere mich sehr gut an den Tag des Credit-Suisse-Crashs, als wir uns in einer kleinen Gruppe vor dem Prestigebau am Paradeplatz versammelten: «Brecht die Macht der Banken und Konzerne!» Leider erinnere ich mich auch an einen bestimmten Herrn N. R., im Pelzmantel mit Zigarre, von zehn Polizist:innen abgeschirmt, das allerzufriedenste Grinsen im Gesicht: Ziel erreicht, ein Winkelried zeitgenössischer Couleur, im Kampf gegen was auch immer, auf jeden Fall für seine Eigeninteressen.

Aber fuck den Winkelried-Vibe dieser Hipster-Rechten und ihren Sozialdarwinismus. «Another world is possible», bzw. das Fantasieren einer anderen Gestaltungsmöglichkeit ist sowieso das Beste, was wir dem rechten Zeitgeist und der Hoffnungslosigkeit entgegensetzten können. Antifaschistische Pflichtarbeit, sozusagen! Also her mit den Ideen: Kletterpark? Baumhaus-Squat? Versteckis-Areal? Waldkindergarten an bester Lage? Küfa im Lichthof? Endlich der geilste Standort für das lang ersehnte Kinder- und Jugendtheater und -tanzhaus der Stadt Zürich? Weitere Ideen gerne an mich. CU im Wildpark Paradeplatz!

Schriftsteller:in Laura Leupi (29) streift in der Kolumne «CU There» durch Begegnungszonen in Zürich und schreibt immer freitags über öffentlichen Raum, Zugänglichkeit und Verdrängung.