CU there : Trolls of Hardbrücke
Auf zum nächsten «dunklen und gefährlichen Niemandsland»: die Hardbrücke. Als solch düsterer Ort wird sie von einer Arbeitsgemeinschaft beschrieben, die einen Plan für eine Begegnungszone unter der Hardbrücke erstellt hat. Eine verkehrsbefreite «Säulenhalle», ausgehend von den Betonpfeilern, auf denen die Brücke steht.
Als mir die Idee zu dieser Kolumne kam, hatte ich die Hoffnung, endlich mal hard politics zu diskutieren, so Verkehrsplanung und Immobranche und von mir aus FCZ-Tags, so Männerthemen halt, serious stuff. Aber am Ende mache ich doch wieder die Metaebene und sehe Smaug in Erebor-Hardbrücke zwischen den Säulen liegen oder Peer Gynt Trolle und Bergkönige finden. Düm düm düm düm düm düm düm, düm düm düm, düm düm düm. Hören Sies?
Anyway, zurück zum «Weckruf» der Stararchitektinnen-und-Soziologen-Arbeitsgruppe. Die haben schon Recht, der Raum unter der Hardbrücke ist ein klassischer «Unort», da helfen die lustigen Sitzelemente nur bedingt. Aus Sicht feministischer Stadtplanung gäbe es einiges zu tun: bessere Beleuchtung, Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer:innen, etc. Die Westtangente, die immer mehr Autoverkehr in die Stadt spült, steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Züri West autofrei? Den Parkplätzen dürfen die Herren der FDP und SVP gerne nachweinen.
Gleichzeitig ist die Hardbrücke einer der wenigen Orte in der Zürcher Innenstadt, die noch nicht perfekt durchfrisiert und -kapitalisiert sind, wo eben noch nicht jede Säule kommodifiziert, in Wert gesetzt ist. Ein Hauch urbane Schweiz. (Hardbrücke und Dreirosenbrücke in Basel, wie mir aus sicheren Quellen zugetragen wurde.) Und wenn das Tiefbaudepartement von «innovativen Ansätzen» schwärmt, die «dazu beitragen, Zürich-West zu einem noch lebendigeren und attraktiveren Stadtteil zu machen», kommt mir das kalte Geroldsgartengrauen.
Die entscheidende Frage scheint mir: Für wen attraktiver und lebendiger? Irgendwie bezeichnend, dass die Illustrationen zur Projektidee vor allem lustige Mischwesen zeigen, tätowierte Hipster-Hunde-Menschen. Das ist sweet, queer, im besten Sinne strange, aber an welche konkreten Menschen haben die Macher:innen dabei gedacht? Wer soll zwischen diesen Säulen wandeln? Wer baut die «zweigeschossigen Boxen», die unter der Brücke stehen sollen, wer profitiert von den Investitionen in den «Möglichkeitsraum» Hardbrücke? Lässt sich das Dilemma zwischen Aufwertung für mehr Lebensqualität und Verdrängung durch Kapitalisierung, aka Gentrifizierung, wirklich nicht auflösen?
To be continued, ich düse jetzt nämlich nochmal Richtung Begegnungszone «Strand», mit serious Ferienlektüre im Gepäck: «Strategien gegen Gentrifizierung» von Lisa Vollmer. CU an der nächsten Trollversammlung in der Säulenhalle!
Schriftsteller:in Laura Leupi (29) streift in der Kolumne «CU There» durch Begegnungszonen in Zürich und schreibt immer freitags über öffentlichen Raum, Zugänglichkeit und Verdrängung.