CU there : «Wo wo Wohnige?»

Junge Menschen sind in Krisensituationen besonders verletzlich; wer so früh von Obdachlosigkeit oder prekären Wohnverhältnissen betroffen ist, trägt die Folgen ein Leben lang. Wer das Zuhause nicht als sicheren Raum erfährt, sei es wegen Gewalt, Verdrängung oder Verlust, erlebt eine existenzielle Erschütterung, die tiefe Wunden schlagen kann. Wer ein Zuhause verliert, verliert nicht nur Wohnraum, sondern einen sozialen Raum, ein Netzwerk, ein Gefühl von Zugehörigkeit und Gemeintsein. Ja, die Begegnungszone ist mehr als ein Bänkli in der Sonne. Ich habe mich in meiner bisherigen Arbeit auf unterschiedliche Weise mit diesem Thema beschäftigt und bin und bleibe betroffen von dieser Frage: Was bedeutet «Zuhause»? Und was brauchen wir, um uns zu Hause zu fühlen?
Ich scrolle durch das Programm der Aktionstage Wohnkrise, die vom 15. bis 25. Oktober in Zürich stattfinden. Es ist vielschichtig und vielstimmig, vereint verschiedene Perspektiven und Aktionsformen; von gemeinsamem Essen über Paneldiskussionen bis zu Filmvorführungen und natürlich der Wohndemo als krönendem Abschluss. Haben Sie den Ohrwurm auch noch im Ohr? «Chömed ad Wooooohndemo. Wooooohndemo, oisi Stadt staht nöd zum Usverchauf.»
Schlagwort «kreativer Protest», wie Lisa Vollmer in «Strategien gegen Gentrifizierung» (Schmetterling-Verlag) die verschiedenen Widerstandsformen beschreibt, die über Unterschriftensammlungen hinausgehen. Sie stellt den kreativen Protest der «kreativen Stadt» gegenüber, einer Marketingstrategie im internationalen Städtewettbewerb um Arbeitskräfte und «Brainpower». Zürich ist darin besonders gut. Auf der Seite der Standortförderung des kantonalen Amts für Wirtschaft ist von «kreativen Persönlichkeiten», «Innovation» und «Vernetzung» die Rede. Und auch das Kulturleitbild der Stadt Zürich betont «Innovation» und «Potenzial», eine «herausragende Position in der nationalen und internationalen Kulturlandschaft».
Schön, bis sich die Kulturschaffenden die Ateliermieten nicht mehr leisten können. Oder, um das Manifest des Hamburger «Recht auf Stadt»-Netzwerks zu zitieren: «Aua, es tut weh. Hört auf mit dem Scheiss. Eine Stadt ist keine Marke. Eine Stadt ist auch kein Unternehmen. Eine Stadt ist ein Gemeinwesen.»
Was das konkret mit den Begegnungszonen zu tun hat? Ach, kommt einfach zur Wohndemo. Am 25. Oktober um 14 Uhr auf dem Röntgenplatz in Zürich. Schreiben wir ein eigenes Manifest! CU there!
Schriftsteller:in Laura Leupi (29) streift in der Kolumne «CU there» durch Begegnungszonen in Zürich und schreibt immer freitags über öffentlichen Raum, Zugänglichkeit und Verdrängung.