Rückkehrhilfe: Das erfolglose Länderprogramm: Tausend Franken für eine Zukunft

«Die Schweiz hat mit ihrem Programm proportional zu anderen Staaten am meisten Freiwillige zur Rückkehr motiviert», rühmte der Kosovo-Beauftragte Urs Hadorn letzten Frühling den Erfolg des Ausschaffungsprogramms von Kosovo-Flüchtlingen. Das Rezept ist einfach: Flüchtlinge, die freiwillig aus der Schweiz ausreisen, werden belohnt. Sie erhalten Geld und Unterstützung vor Ort. Damit soll ihnen, so sieht das Programm des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF) vor, der Neuanfang erleichtert werden. Nach dem Bosnien-Krieg wurde das Projekt der «freiwilligen Rückkehr» erstmals in grösserem Stil durchgeführt. In den letzten eineinhalb Jahren wurden nun, nach dem Ende des Kosovo-Krieges, etwa 32 000 KosovarInnen aus der Schweiz ausgeschafft.
Nun will das BFF sein Erfolgsrezept auch bei Flüchtlingen aus anderen Ländern einsetzen. Angelaufen sind die Programme für den Nordirak, Somalia, Äthiopien, Eritrea und Sri Lanka.

Zwölf Anmeldungen für Sri Lanka

Letztes Jahr verkündete der Bund im Rahmen seiner «Humanitären Aktion 2000», dass ungefähr 6500 TamilInnen eine vorläufige Aufnahme erhalten sollen. Gleichzeitig betonte das BFF, alle, die einen negativen Asylentscheid hätten, müssten die Schweiz verlassen. Das Projekt «freiwillige Rückkehr» wurde gestartet.
Man rechne damit, so Vertreter des BFF anlässlich ihrer Präsentation des Projektes «freiwillige Rückkehr» im Herbst 2000, dass im nächsten Jahr rund tausend Menschen nach Sri Lanka zurückkehren würden. Wer ausreisen müsse und dies freiwillig mache, erhalte Geld in der Höhe von 1000 Franken und die Zusicherung, am Ankunftsort, in Colombo, Hilfe zu bekommen. Offen sei das Rückkehrprogramm auch den TamilInnen, die eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung oder ein positives Asylgesuch hätten. «Ziel dieses umfassenden Programms ist unter anderem, die Anzahl der freiwillig Zurückkehrenden zu erhöhen und damit die Zahl der Verschwundenen zu senken.»
Das BFF hat dieses Ziel weit verfehlt. Immer noch tauchen viele TamilInnen unter, weil sie nicht zurückgeschafft werden wollen. Mit dem neuen Projekt wurden bis heute fünf Leute zurückgeführt, sieben weitere sind angemeldet.
Nun äussern sich auch im Bundesamt vereinzelt skeptische Stimmen: Man habe nicht damit gerechnet, dass es so wenig Anmeldungen gebe. Aber Sri Lanka sei ein spezielles Problem, viele Menschen seien seit mehreren Jahren in der Schweiz und könnten sich schwer vorstellen zurückzukehren. Dass die Leute Angst haben, in ein Land zurückzukehren, in dem Bürgerkrieg herrscht, darüber wird nicht gesprochen.
Über die Frage, ob eine Rückkehr von Flüchtlingen nach Sri Lanka sinnvoll sei, streiten sich VertreterInnen der Hilfswerke und des Bundes seit Jahren. 1994 schloss die Schweiz mit Sri Lanka ein Abkommen über die Rückschaffung sri-lankischer Asylsuchender. Der Notenwechsel hielt fest, dass die Rückführung in Etappen und unter der Obhut des UNHCR stattfinden solle. Zudem garantierte das BFF, dass niemand in die umkämpften Gebiete im Norden zurückkehren müsse. Die Hilfswerke hingegen, so zum Beispiel deren Dachverband, die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), vertreten den Standpunkt, dass eine Rückführung nicht zumutbar sei. Martin Stürzinger, Länderexperte für Sri Lanka beim SFH, betont, dass dank dem neuen Rückkehrprogramm zwar einige Verbesserungen seitens des Bundes gemacht worden seien. So liefen die RückkehrerInnen früher bereits am Flughafen Gefahr, verhaftet zu werden. Heute werden sie abgeholt und in ein Aufnahmezentrum gebracht. Doch diese Verbesserungen reichten, so Stürzinger, nicht aus. So weiss er von einer Person, die sich am Programm beteiligte und dann trotzdem verhaftet wurde. Auch Serhine Xavier, die in Colombo für die Menschenrechtsorganisation «Home for human rights» arbeitet, sagt: «Es gibt immer wieder Kontrollen und auch Verhaftungen, die Situation ist unverändert, unverändert schlecht.» Von der Rückkehrpraxis des Bundes haben nun verschiedene Schweizer Menschenrechtsorganisationen genug. Sie sammeln Unterschriften für eine Petition, in der es heisst: «Denn auch das ‘Rückkehrhilfeprogramm’ (...) vermag kein Leben in Sicherheit zu gewährleisten.»

Mickrige Bilanz

Die Frage liegt nahe, ob das BFF seine umstrittene Praxis mit einem Rahmenprogramm «freiwillige Rückkehr» zu legitimieren versucht. Karl Lorenz, Leiter der Sektion Rückkehrhilfe beim Bundesamt für Flüchtlinge, bestreitet dies: «Jedes Jahr reisten zwei- bis dreihundert Personen aus der Schweiz nach Sri Lanka aus. Die Leute werden zurückgeführt, auch ohne Rückkehrprogramm. Mit dem neuen Programm kann den Leuten aber besser geholfen werden.» Von freiwilliger Rückkehr zu sprechen, ist im Normalfall aber absurd. Die meisten, die sich am Programm beteiligen, müssten sowieso ausreisen. Für alle anderen sind 1000 Franken kein Anreiz. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass auch die Bilanz der anderen Länderprogramme schlecht aussieht. Für den Nordirak haben sich zwei Personen angemeldet, für Somalia, Äthiopien und Eritrea gingen überhaupt keine Anmeldungen ein. Man habe, erklärt Lorenz den Misserfolg, eine ganz andere Situation als bei den Kosovo-Flüchtlingen, die oft nur ein paar Monate in der Schweiz lebten und die kollektiv für die «freiwillige Rückkehr» angeworben wurden. «Bei den Tamilen zum Beispiel kann man das Programm nur individuell anbieten.»
Trotz der mickrigen Bilanz arbeitet das BFF an weiteren Länderprogrammen. Zurzeit werden Machbarkeitsstudien für «Spezialprogramme in Serbien, im Iran, in Kongo, Angola, im Maghreb, im Kaukasus sowie in Vietnam» ausgearbeitet.

Länderbericht und Gutachten zu Sri Lanka der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH): www.sfh-osar.ch.