«Zu Hause haben wir alle noch viel Arbeit vor uns», sagt Jared Isaacman. «Aber von hier sieht die Erde aus wie eine perfekte Welt.» Der Milliardär weiss, wovon er redet. Denn er sagt das, während der blaue Planet unter ihm schimmert. In der vergangenen Woche durfte Isaacman als erster nichtprofessioneller Astronaut auf einen Weltraumspaziergang gehen, also die Erde nicht aus dem Fenster eines Raumfahrzeugs betrachten, sondern das enge Shuttle verlassen und hinausgehen in die unendlichen Weiten – natürlich an der Hüfte festgebunden.
Die Mission hiess Polaris Dawn und wurde von SpaceX durchgeführt, dem Raumfahrtunternehmen des reichsten und mindestens drittpeinlichsten Mannes der Welt, Elon Musk. Wie teuer die Mission ist, lässt sich nur schätzen, Expert:innen gehen von mehreren Hundert Millionen US-Dollar aus. Nach Adam Riese muss SpaceX davon ausgehen, dass sich das Ganze durch Ticketverkäufe ins All rechnen wird. Jared Isaacman war wohl nicht der letzte Milliardär, den wir, leider nicht im übertragenen Sinne, auf den Mond schiessen.
Und wir? Werden wir diese «perfekte Welt» auch irgendwann zu Gesicht bekommen, oder bleibt es unser Schicksal, den Musks und Isaacmans von hier unten aus zuzuwinken? Sicher, nahezu jede neue Erfindung, die heute alltäglich ist, war zunächst ein Privileg der Superreichen. Aber keine neue Erfindung war jemals so teuer. Als normalsterbliche Person daran zu glauben, eines Tages selbst zu sehen, was Isaacman meint, dürfte Luftschlossbauerei sein. Sollte es doch dazu kommen, verkünde ich hiermit schon mal meine Shuttlemusik: Penelope Scott und ihr Song «Rät»: «When I said take me to the moon, I never meant take me alone / I thought if mankind toured the sky, it meant that all of us could go / But I don’t want to see the stars if they’re just one more piece of land / For us to colonize, for us to turn to sand.»
Özge İnan ist Journalistin und Autorin. Bekannt wurde sie zunächst durch ihre politischen Twitter-Beiträge. Im letzten Jahr erschien ihr erster Roman «Natürlich kann man hier nicht leben» bei Piper. An dieser Stelle lesen Sie immer freitags ihre Kolumne, in der sie auf die laufende Woche zurückblickt.