Sich der AfD widersetzen
Die AfD hat sich am Wochenende in der sächsischen Kleinstadt Riesa zum Bundesparteitag getroffen. Als die frisch gekürte Kanzlerkandidatin Alice Weidel ihre Rede beendete, grölte das Publikum «Alice für Deutschland» – eine Anlehnung an die verbotene SA-Parole «Alles für Deutschland». In der Partei scheint sich niemand mehr die Mühe zu machen, seine wahren politischen Absichten zu verstecken. So wurde auch in Riesa vom autoritären Umbau der Gesellschaft, von massenhafter Deportation, dem Verbot von Gender Studies und dem Niederreissen von Windrädern gesprochen.
Für ihren Bundesparteitag hatte die AfD auf ein Heimspiel ohne grössere Störungen gehofft – schliesslich hatten in Riesa bereits 2022 ein Bundesparteitag und 2019 ein Europaparteitag stattgefunden. Mit 30,5 Prozent Stimmenanteil war die Partei bei den Kommunalwahlen 2024 stärkste Kraft in der Stadt geworden. Der Plan sollte jedoch nicht aufgehen: Etwa 15’000 Menschen waren aus ganz Deutschland angereist, um gegen den Parteitag zu protestieren. Zu den Aktionen des zivilen Ungehorsams hatte das antifaschistische Bündnis «Widersetzen» aufgerufen, ein breiter Zusammenschluss aus gewerkschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und aktivistischen Gruppen.
Bereits in den frühen Morgenstunden des Samstags blockierten Aktivist:innen Zufahrtsstrassen und strategische Kreuzungen in der gesamten Stadt. Klirrende Kälte und Polizeigewalt setzten ihnen zu: Unter anderem schlug ein Polizist den Linke-Landtagsabgeordneten und parlamentarischen Beobachter Nam Duy Nguyen bewusstlos, ein anderer hetzte einen Schäferhund auf einen Aktivisten. Die Bürgerrechtsorganisation «Komitee für Grundrechte und Demokratie», die mit Beobachter:innen vor Ort war, berichtet, dass die Versammlungsfreiheit durch die Polizei «vielerorts empfindlich eingeschränkt» wurde.
Trotz dieser Einschränkungen waren die Aktionen auf verschiedenen Ebenen ein Erfolg: Ganz praktisch vermiesten sie mehreren AfD-Politiker:innen mit Strassenblockaden den Tag, und der Beginn der AfD-Veranstaltung wurde letztlich um zwei Stunden verzögert. Zudem setzten die öffentlichkeitswirksam Proteste ein Zeichen gegen die fortschreitende Normalisierung der AfD. Die Störaktionen sind aber auch ein gesellschaftliches Signal, sich angesichts der erstarkten Rechten wieder handlungsfähig und unversöhnlich zu erleben. Ziviler Ungehorsam ist gut – reicht aber gewiss nicht aus als einzige Strategie gegen den aufkommenden Faschismus. Er entbindet nicht von Aufgaben wie der Entwicklung solidarischer und klassenbasierter Politikangebote, insbesondere für Krisenbetroffene und Menschen, die sich von der herrschenden Politik entfremdet fühlen, und der Sichtbarmachung und langfristigen Förderung emanzipatorischer Projekte in strukturschwachen Regionen.
Die Antifaschist:innen konnten in Riesa zumindest für einen Moment eine klare Grenze des Ausschlusses ziehen, die AfD delegitimieren und die rasante gesellschaftliche Gewöhnung an deren faschistoide Programmatik unterbrechen. Und sie haben gezeigt: Kluger ziviler Ungehorsam kann ein bedeutender Baustein im demokratischen Widerstand sein.