Hausbesetzungen: Scheinproblem ungelöst

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Während in Zürich am Samstag Tausende gegen die Spekulation mit Grund und Boden und für ein Recht auf Wohnen demonstrierten, hat das nationale Parlament die wahren Opfer ausgemacht: Es will die Rechte von Hauseigentümer:innen bei Besetzungen ausbauen. Und das im martialischen Sinne: Eigentümer sollen leichter Besetzerinnen mit «verhältnismässiger» Gewalt vertreiben dürfen – also Selbstjustiz anwenden können. Konkret soll Eigentümer:innen die «Selbstverteidigung» nicht mehr nur erlaubt sein, wenn sie bei einer Besetzung «sofort» reagieren, sondern «in angemessener Frist nach effektiver Kenntnisnahme der Hausbesetzung».

Dass Städte wie Zürich, Bern oder Genf seit Jahrzehnten eine funktionierende Praxis im Umgang mit Besetzer:innen haben, interessiert das nationale Parlament nicht – oder besser gesagt: Genau dagegen geht die rechtsbürgerliche Allianz, die sonst so gerne den Föderalismus hochhält, vor.

Initial brachte das Anliegen der Waadtländer Nationalrat und Immobilienlobbyist Olivier Feller ein – vor fast zehn Jahren. Nach vielen Berichten und Botschaften hat der Nationalrat im März noch schärfere Regeln beschlossen, als der Bundesrat gefordert hatte. Letzte Woche ist ihm die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats gefolgt. Neben der Lockerung bei der «Selbstverteidigung» will die Mehrheit auch Räumungen leichter ermöglichen: Per gerichtlicher Verfügung soll der «Besitzesschutz» neu auch gegen unbestimmte Personen angeordnet werden können. Dazu sollen Gerichte mit der Verfügung auch die Vollstreckung, also die Räumung, anordnen können.

Bloss ob die Verschärfungen irgendetwas bewirken, ist mehr als fraglich. Selbstjustiz darf grundsätzlich nur geübt werden, wenn die Polizei zu spät auftaucht. Und die ist etwa in Zürich jeweils in wenigen Minuten vor Ort. Und wann die Polizei räumt, bleibt letztlich im kantonalen Polizeigesetz geregelt. Sowohl die Städte als auch die Sicherheitskräfte hatten in der Vernehmlassung denn auch stets betont, dass es keine neuen Regelungen brauche. Man sehe schlicht keine Probleme.

Die Ordnungshüter aus Bern veranstalten mit ihren Vorstössen deshalb nur eins: Chaos.