Ecuador: Wahlergebnis zurechtgebogen
Alle Umfragen hatten ein äusserst knappes Kopf-an-Kopf-Rennen erwarten lassen, aber dann fiel das Ergebnis doch sehr deutlich aus. Daniel Noboa, der 37-jährige Erbe eines Milliarden Dollar schweren Bananenimperiums, gewann am Sonntag die Stichwahl um die Präsidentschaft von Ecuador mit 56 Prozent der Stimmen. Luisa González, die vom linken ehemaligen Präsidenten Rafael Correa (2007–2017) unterstützt worden war, kam auf 44 Prozent. Wie ist dieses unerwartet deutliche Resultat zu erklären?
Noboa, ein Bewunderer und Nachahmer des salvadorianischen Autokraten Nayib Bukele, gab sich im Wahlkampf als harter Knochen, der es mit der organisierten Kriminalität aufnehmen werde. Tatsächlich ist die öffentliche Sicherheit das drängendste Problem der ecuadorianischen Bevölkerung. Seit im Nachbarland Kolumbien die Guerilla der Farc 2016 einen Friedensvertrag mit der Regierung geschlossen und sich entwaffnet hat, ist die Zahl der Morde im vorher verhältnismässig friedlichen südlichen Nachbarland Ecuador sprunghaft angestiegen. Die Farc-Verbände hatten die Grenze zwischen den beiden Ländern abgeriegelt. Nun ist sie offen für Drogenmafias, die das in Kolumbien produzierte Kokain mit den Bananendampfern aus Ecuador in alle Welt verfrachten – mit den üblichen Folgeerscheinungen: blutige Kriege um Transportrouten und die Kontrolle über die Ausfuhrhäfen, Zunahme der Bandenkriminalität.
Noboa, der schon Mitte Oktober 2023, nach dem Rücktritt von Präsident Guillermo Lasso, zum Übergangspräsidenten gewählt worden war, hatte wegen der überbordenden Kriminalität einen «bewaffneten internen Konflikt» – also so etwas wie einen Bürgerkrieg – ausgerufen und das Militär auf die Strassen geschickt. Er war damit weit weniger erfolgreich als sein Vorbild Bukele, der El Salvador in einen rechtlosen Gefängnisstaat verwandelt hat. Die Mordquote Ecuadors liegt weiterhin bei rund vierzig Tötungsdelikten pro 100 000 Einwohner:innen im Jahr – rund achtzig Mal so hoch wie in der Schweiz. Eine Wahlempfehlung sind solche Zahlen nicht.
Die unterlegene González hat das Ergebnis angezweifelt, und sie hat gute Gründe dafür. Am Tag vor der Wahl hatte Noboa über sieben Provinzen des Landes den Ausnahmezustand verhängt. Öffentliche Versammlungen sind verboten, Polizei und Militär können ohne richterlichen Beschluss in Privatwohnungen eindringen. Die sieben Provinzen sind Hochburgen der linken Kandidatin. So etwas nennt man Einschüchterung der Wähler:innen. Früher wurden Wahlen in Lateinamerika mit Urnenklau und angeblichen Computerabstürzen bei der Auszählung gefälscht. Neuerdings versucht man, sich die Ergebnisse mit autoritären Methoden zurechtzubiegen.