Prinz und Prolet

Morgen erscheint die Autobiografie von Prinz Harry, der widerborstigen Nummer fünf in der «line of succession» der britischen Königsfamilie. Das nicht mitbekommen zu haben, ist kaum möglich, schliesslich beherrscht der Mann die Schlagzeilen seit Wochen, auch wegen einer mehrteiligen Netflix-Doku, in der er mit seiner Frau Meghan über das Leben im Kreis der Royals auspackte. Vor der nun anstehenden Buchveröffentlichung kursierten in der Klatschpresse weitere pikante Einblicke ins Innenleben der Windsors – etwa dass Prinz William seinen Bruder bei einer Gelegenheit körperlich attackiert haben soll. Auch schreibt Harry, dass er während seines Militärdiensts gleich reihenweise Taliban umgenietet habe (Ernst Jünger wäre sicher beeindruckt!), und gesteht, als Teenager Trost im Drogenkonsum gesucht zu haben, was bei dieser Verwandtschaft natürlich gut nachvollziehbar ist.

Besonders hübsch ist aber eine andere Anekdote, die auf Twitter verbreitet wurde: Vor der Parlamentswahl 2019 hat sich Harry intensiv mit den Programmen der britischen Parteien auseinandergesetzt und war dabei zum absolut richtigen Schluss gekommen, dass, wenn man schon wählen geht, allein die Labour-Partei und ihr damaliger Chef Jeremy Corbyn eine Perspektive bieten. Der Windsor-Spross wollte sein Erweckungserlebnis auch öffentlich machen, woraufhin ihn die Queen auf Knien angefleht haben soll, es nicht zu tun: Immerhin wäre ein waschechter Prinz Seite an Seite mit einem alten Arbeiter:innenführer ein Fall von Klassenverrat allererster Güte gewesen.

Die Story entpuppte sich allerdings als Hoax, eine britische Satiresite hatte den irren Trubel rund um den royalen Familienzwist und das Enthüllungsbuch auf die Schippe genommen. Schade, einem Bad Boy mit blauem Blut in den Reihen der Prolet:innen wären auch in unserem Zoo-Squat die Herzen zugeflogen. Noch immer aber hat Harry die Chance, ein Zeichen im Sinne der zeitlos schönen Losung «For the many, not the few» zu setzen und öffentlich die Abschaffung des geschichtlichen Anachronismus namens Monarchie zu fordern. Angesichts der katastrophalen sozialen Zustände, die gerade jetzt auf der Insel herrschen, herrscht ja kein Mangel an Orten, an denen die für die Alimentierung der royalen Seifenoper verschwendeten Ressourcen besser aufgehoben wären. Die Medien im In- und Ausland könnten derweil schon mal vorausgehen – und endlich diese unsägliche Hofberichterstattung einstellen.
Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.