Wir verscherbeln die Rütliwiese

Ja, ich stelle mich zur Wahl: Es ist Zeit, die Geschicke der altehrwürdigen Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) unter linke Kontrolle zu bringen. Und damit meine ich vor allem ihr Vermögen: die billigsten 100 Millionen Franken der Schweiz.

Alles, was es dafür braucht, ist eine Mehrheit an der Mitgliederversammlung. Dort wird der Vorstand gewählt – es handelt sich nämlich trotz Riesenvermögen um einen einfachen Verein. Und die Mitgliedschaft bei der SGG, die unter anderem die Rütliwiese verwaltet, steht grundsätzlich allen offen, die einen Antrag stellen.

Einziges Problem: Der 100-Millionen-Lifehack hat sich offenbar herumgesprochen. Das sehr rechte aktuelle Vorstandsmitglied Jürg Kallay hat eine hübsche Liste mit fünf ebenfalls sehr rechten Kandidat:innen zusammengestellt, die er in den Vorstand wählen lassen möchte. Darunter sind etwa der Ökonom und Kolumnenclown Reiner Eichenberger sowie die NZZ-Meinungsmacherin Katharina Fontana.

Parallel zur Lancierung des neuen Vorstandstickets ist die Anzahl neuer Mitgliedschaftsanträge über Nacht in die Höhe geschnellt: Über 120 Beitrittsanfragen seien plötzlich bei der SGG eingegangen, schreibt diese in einer Mitteilung.

Es ist ein regelrechter Putschversuch: Kallay will an die Macht. Und diese offenbar unter anderem nutzen, um sich Honorar auszahlen zu lassen. Ausserdem soll die SGG künftig ihre Investitionspolitik dahingehend ändern, dass sie ihr Kapital auch in Rüstungskonzerne und weitere üble Firmen investieren darf.

Die SGG sei derzeit nämlich, findet Kallay, zu links. Weil dort ein Liberaler an der Spitze steht: Seit Ende 2020 wird sie vom GLP-Start-up-Dude Nicola Forster präsidiert. Wobei dessen Amtszeit bisher überschattet wird von Unruhen und kleineren Skandalen, wie die WOZ schon letzten Oktober schrieb

Jetzt greift Forster durch. Angesichts des rechten Putschversuchs setzt er zum Gegenschlag an: Kallay wird zur Abwahl empfohlen. Und bis zur MV wurden alle neuen Beitrittsgesuche, die dessen Freund:innen gestellt hatten, sistiert.

Derzeit brauchen wir also noch etwas Geduld. Sollte die Sistierung aber irgendwann wieder aufgehoben werden: Hier findest du das Beitrittsformular! Mein Programm? Die 100 Millionen reichen nicht. Die Rütliwiese verkaufen wir den Saudis.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.