Immobilienstudie: Von Zynismus, Metaphern und Naturgewalten

Bist du Mieter:in? Hattest du in letzter Zeit mal einen Entspannungsimpuls? Die statistische Wahrscheinlichkeit dafür ist jedenfalls gering. Zu diesem Schluss kommt die gerade neu erschienene Immobilienstudie der Raiffeisen. Auf der Nachfrageseite könne in nächster Zeit nicht «mit Entspannungsimpulsen gerechnet werden», heisst es da. Wie wohl so ein Impuls aussähe?

Die quartalsweise erscheinenden Studien der Raiffeisen sind gewissermassen der Goldstandard unter den Immobilienmarktanalysen. Sie halten, was sie versprechen: Sie betreiben Exegese eines Marktes, dessen mythische Mechanismen den Normalsterblichen verborgen bleiben. Und so wie das alle talentierten Exegetikerinnen tun, sind auch die Analysten der Raiffeisen nicht um poetische Metaphern verlegen. Ein Gedicht ist das!

Hier kühlen sich die Eigenheimpreise ab, während sich die Wohnungen erhitzen. Zinsen verwandeln sich derweil in Gift, während der Markt zu einem trägen Tanker verkommt und die Politik zu einem Minenfeld. Und eine gewisse Menge freier Wohnungen wird zu einer «natürlichen Leerstandsziffer» erhoben.

Zeit für eine Exegese der Exegese (ich habe ja mal fünf Semester Literaturwissenschaften studiert, bevor ich am Latinum scheiterte): Ihr könnt Leerstandsziffern schon als natürlich bezeichnen. Der Markt wird damit aber noch lange keine Naturgewalt. Die Politik als Minenfeld zu begreifen, ist auch nur eine unoriginelle Art, sie in einen Widerspruch zu eurem Märktchen zu setzen (Herrschaft und Knechtschaft oder so). Gäbe es da nicht noch andere Ansätze?

Tant pis. Immerhin erhitzen sich derzeit ja nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Gemüter. Auf Entspannungsimpulse könnt ihr jedenfalls lange warten: Wir habens gerade eher mit dem Hass. Und auch träge Tanker, naja, treffen hin und wieder auf einen Eisberg.

PS: Wenn du in Zürich wohnst, nimm dir doch kurz Zeit, um bei den Kolleg:innen von tsüri.ch vorbeizuschauen und an ihrer Umfrage zum Thema Wohnen teilzunehmen. Vielleicht kommt dort ja was Schlaueres raus.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.