Der Schwarze Samurai und der Milliardär
Ende vergangener Woche ist der jüngste Teil der populären «Assassin's Creed»-Reihe erschienen, die meisten Kritiker äusserten sich seither positiv über das Game, und auch bei den Nutzer:innen kommt es an. Trotzdem versuchen Rechte, das Spiel des französischen Publishers Ubisoft zur Befeuerung des «culture war» zu instrumentalisieren – und dies nun fast seit einem Jahr.
Die Handlung von «Assassin's Creed Shadows» ist im Japan des ausgehenden 16. Jahrhunderts angesiedelt, zu Beginn der sogenannten Sengoku-Zeit, als mächtige Feudalherren die in kleine Territorien zersplitterte Insel mit Krieg überzogen. Für dieses Setting haben die Entwickler:innen einen Schwarzen Samurai zum Protagonisten erkoren. Auf den ersten Blick mag das schräg wirken, aber es gibt ein historisches Vorbild für die Figur: 1579 kam ein Mann namens Yasuke, der vermutlich afrikanischer Herkunft war, als Leibwächter eines italienischen Jesuitenmissionars nach Japan. Später nahm ihn dann der Fürst Oda Nobunaga in sein Gefolge auf – Quellen zufolge soll Oda, der offenbar noch nie eine Schwarze Person gesehen hatte, zuerst vermutet haben, Yasuke hätte sich seine Haut mit Tinte gefärbt. Guter Stoff eigentlich für einen Videospielplot.
Seitdem allerdings der erste Trailer für das Spiel zu sehen war, versuchen rechte Trolle, Empörung zu schüren: Dass es einen Schwarzen Samurai gegeben haben soll, hält man in diesen Kreisen für undenkbar, vielmehr soll die ganze Geschichte als Beleg dafür herhalten, was für einen Irrsinn der Zeitgeist der Wokeness hervorbringe. Mit dem Release ist der Hass noch einmal so richtig hochgekocht, wegen überbordender Hate Speech in der Kommentarspalte musste etwa ein populärer US-Streamer eine Übertragung abbrechen.
Zuletzt hat sich auch Obertroll Elon Musk eingeschaltet. Der rechtsradikale Milliardär pöbelte online einen Streamer an: Dieser spiele «Assassin's Creed Shadows» bloss aus finanziellen Interessen und würde damit «ein schreckliches Game» bewerben. Dies konterte wiederum der Social-Media-Account von Ubisoft mit der Frage, ob Musk sein Wissen über das Spiel von dem Kerl habe, den er dafür bezahle, dass er für ihn daddele – eine Anspielung darauf, dass Musk lange online damit geprahlt hatte, in einem Hardcore-Rollenspiel zu den Besten der Welt zu zählen, ehe eine Recherche der «Washington Post» eine erdrückende Indizienlast zusammentrug, die nahelegt, dass Musk seinen Account gar nicht selbst betreut.
Dass sich ein derart traditionsreiches Blatt überhaupt um eine solche Recherche bemüht, zeigt, wie irre die Zeiten doch sind – und zugleich wie kleingeistig die rechten Stimmungsmacher:innen. Man sollte deren Einfluss aber auch nicht überschätzen: Kommerziell gilt «Assassin's Creed Shadows» trotz aller Hetze als Erfolg.