Donald Trumps neue Regierung: Einer schlimmer als die andere

Nr. 48 –

Der frühere und künftige US-Präsident hat innerhalb kurzer Zeit so viele Kabinettsmitglieder mit fragwürdigen bis schändlichen Biografien nominiert, dass man sich erschlagen und abgestumpft fühlt.

Tom Homan bei einer Pressekonferenz mit Wachpersonal auf Pferden
Zum Beispiel Tom Homan: Der neue «Grenzzar» – hier 2018 bei einer Pressekonferenz – verantwortete unter der ersten Trump-Regierung die Trennung von Eltern und Kindern an der US-Südgrenze. Foto: Sandy Huffaker, Getty

«Flood the zone with shit.» Mit diesen Worten brachte der reaktionär-düstere Podcaster Steve Bannon vor einigen Jahren eine zentrale Strategie der US-Rechten auf den Punkt: mediale Vermüllung. Nicht die Demokratische Partei sei der Hauptgegner, so Bannon, sondern die etablierten Medien, und mit denen werde man am besten fertig, indem man sie mit Fake News zuschütte. Der ehemalige Chefstratege von Donald Trump, der bis vor kurzem im Gefängnis sass, weil er eine Vorladung des Kongresses missachtet hatte, setzte darauf, dass die eigene Agenda in einer desorientierten und abgelenkten Öffentlichkeit einfacher durchsetzbar sei.

Seit Trump am 5. November die Wahl gewonnen hat und feststeht, dass er im Januar erneut ins Weisse Haus einziehen wird, lässt sich eine besondere Form von «Flood the zone with shit» beobachten. Der frühere und künftige US-Präsident hat innerhalb kurzer Zeit so viele Kabinettsmitglieder mit fragwürdigen bis schändlichen Biografien nominiert, dass man sich tatsächlich erschlagen und abgestumpft fühlt. Die Meldungen rauschen herein und vorbei, einzelne Details stechen heraus und werden von der nächsten Personalie wieder verdrängt. Im «New York Magazine» ist von einer «Vor-Erschöpfung» die Rede – wir wissen ja ungefähr, was kommt.

Medienclowns und Oligarchen

Skandale zum Beispiel. Mit Matt Gaetz, der als Justizminister vorgesehen war, musste sich bereits ein Nominierter zurückziehen. Dem 42-Jährigen wird vorgeworfen, Sex mit Minderjährigen gehabt zu haben. Bei Tulsi Gabbard, die die Geheimdienste koordinieren soll, ist zweifelhaft, ob der Senat sie bestätigen wird. Gabbard ist für ihre Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bekannt. Auch den syrischen Diktator Baschar al-Assad verteidigte sie einst – vermutlich nicht die besten Voraussetzungen für das Amt. Doch selbst wenn ein paar der Kandidat:innen am Ende abgelehnt werden, würde dies die kommende Regierung kaum moderater machen. Trump hat sich für eine Mischung aus rechten Hardlinern, Verschwörungstheoretikerinnen, mutmasslichen Missbrauchstätern, Medienclowns und Oligarchen entschieden. Wichtigstes Kriterium dabei: Loyalität. Wer sich in den vergangenen Jahren dem Maga-Projekt unterworfen hat, wurde belohnt. In der Kombination zeigen die Figuren, worauf man sich in den USA einstellen muss: einen libertären Umbau des Staates, nationalistische Abschottung, eine Eskalation der fossilen Produktion und die Bekämpfung von trans Menschen und anderen Minderheiten.

Trump hat im Wahlkampf immer wieder betont, dass der Grenzschutz und die Massenabschiebung von Immigrant:innen oberste Priorität haben. Dementsprechend sieht nun auch sein Team aus. Als «Grenzzar» ist Tom Homan vorgesehen, ein ehemaliger Polizist, der bereits während Trumps erster Amtszeit die Abschiebebehörde ICE leitete und damals die Trennung von Kindern und ihren Eltern verteidigte. Homan war zudem am «Project 2025» der Heritage Foundation beteiligt, was einmal mehr zeigt, wie eng Trump und die rechte Denkfabrik verbandelt sind.

Wie Homan ist auch Kristi Noem, die das Ministerium für Innere Sicherheit übernehmen soll, seit Jahren eine Vertraute Trumps. Die aktuelle Gouverneurin von South Dakota wurde während der Coronapandemie landesweit bekannt, als sie sich gegen Schutzmassnahmen einsetzte. Im Mai dieses Jahres reiste sie nach Texas, um dort für die Kameras den Bau der Mauer eigenhändig voranzutreiben. Als stellvertretenden Stabschef hat Trump Stephen Miller gewählt, der als Architekt des «Muslim ban» gilt, wie das 2017 initiierte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren muslimisch geprägten Ländern genannt wurde.

Für die Führung des Justizministeriums ist nach Gaetz’ Rückzug Pam Bondi geplant. Sie war zwischen 2011 und 2019 Generalstaatsanwältin von Florida und versuchte in dieser Zeit unter anderem, die Gesundheitsreform «Obamacare» rückgängig zu machen. Zuletzt war Bondi eine der führenden Kräfte des America First Policy Institute, das Trumps Agenda mit vorbereitet hat. Als oberste Juristin wird sie nun damit beauftragt sein, gegen Trumps «politische Feinde» zu ermitteln. All diese Pläne, Berufungen und Querverbindungen zeigen, dass sich der Maga-Apparat in den letzten Jahren professionalisiert hat.

Bahn frei für die fossile Industrie

Auch in der Wirtschaftspolitik setzt Trump auf Nationalismus. Zum einen soll die heimische Produktion fossiler Energieträger ausgebaut werden, zum anderen sollen Zölle auf Produkte aus China, Kanada und Mexiko dafür sorgen, dass US-amerikanische Unternehmen einen Vorteil haben. Mit diesen zwei Zielen im Blick hat Trump die entsprechenden Minister ausgesucht. Da wäre etwa Chris Wright, vorgesehen als neuer Energieminister, der nicht nur direkt aus der Fossilwirtschaft kommt, sondern in der Vergangenheit auch geleugnet hat, dass es eine Klimakrise gibt.

Der nominierte Innenminister Doug Burgum ist ebenfalls eng mit der Ölindustrie verbunden. Auch von Lee Zeldin, der für die Leitung der Umweltbehörde EPA ausgesucht ist, wird man keinen Klimaschutz erwarten können. Im Gegenteil hat Zeldin bereits Deregulierungen für die Öl- und Gasindustrie angekündigt. In Sachen Verschwörungstheorien kommt jedoch keiner dieser Nominierten an Robert F. Kennedy Jr. heran, der nach dem Willen Trumps Gesundheitsminister werden soll. Kennedy machte sich während der Pandemie früh einen Namen als radikaler Impfzweifler und hat im Lauf seiner Karriere gefährliche Lügen verbreitet, etwa dass Antidepressiva schuld an Amokläufen und die Ursachen von Aids noch nicht erforscht seien. Gegen den Umweltanwalt stehen zudem Vorwürfe der sexualisierten Gewalt im Raum.

Trump macht mit seinen Nominierungen deutlich, dass ihm wissenschaftliche Erkenntnisse und CO₂-Emissionen relativ egal sind. Darüber hinaus ignoriert er auch die Warnungen etlicher Ökonom:innen, dass eine protektionistische Handelspolitik mit grosser Wahrscheinlichkeit dazu führen wird, dass die Verbraucherpreise in den USA weiter steigen. Bereits seit Jahrzehnten ist Trump in das Instrument Zölle vernarrt. Dazu kommt die Überzeugung, gegen China den «strongman» geben zu müssen. Mit Marco Rubio (Aussenminister), Michael Waltz (Nationaler Sicherheitsberater), John Ratcliffe (CIA-Chef), Pete Hegseth (Verteidigungsminister und ebenfalls der sexuellen Gewalt bezichtigt) und Howard Lutnick (Handelsminister) hat er deshalb mehrere Leute auf hochrangige Posten berufen, die für eine verbissene Anti-China-Politik stehen. Man muss davon ausgehen, dass der «neue Kalte Krieg» in den kommenden Jahren heisser wird.

Wall Street über alles

Einen der grössten Umbrüche könnte es in der Struktur des Staates geben. Die zwei rechtslibertären Unternehmer Elon Musk und Vivek Ramaswamy sollen eine neu geschaffene «Abteilung für Regierungseffizienz» leiten. Ziele sind die Privatisierung öffentlicher Infrastrukturen, ein gigantischer Stellenabbau im öffentlichen Dienst sowie die Streichung vieler Regulierungen für Unternehmen. Laut Musk könnten über 300 der 428 Bundesbehörden komplett dichtgemacht werden. Auch die Subventionen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind von Streichung bedroht. Trump und seine Verbündeten setzen auf einen entfesselten Markt: Wall Street über alles. Steuererleichterungen sind vor allem für Reiche und Unternehmen geplant. Die soll der neue Finanzminister Scott Bessent durchsetzen, der als Hedgefondsmanager zum Milliardär geworden ist.

Die einzige Personalie, die nicht ganz in die Reihe passt, ist die Kongressabgeordnete Lori Chavez-DeRemer, die ab Januar Arbeitsministerin werden soll. Chavez-DeRemer ist eine der ganz wenigen Republikaner:innen, die sich in der Vergangenheit für den «Pro Act» starkgemacht haben, eine Gesetzesinitiative, die Gewerkschaften und das allgemeine Arbeitsrecht fundamental stärken würde. Man kann ihre Berufung als eine Geste verstehen, um den Anschein einer arbeiter:innenfreundlichen Regierung zu erwecken. Am Ende aber, und das gilt für alle Ministerien, wird Trump den Ton vorgeben, und der war und ist ein Pseudokämpfer für die Working Class. Am Ende profitieren vor allem seinesgleichen.