Trinkgeld: Sparen Sie woanders!
Wenn sie sich in der Kommentarspalte in Kleinlichkeit überbieten: Dann ist wieder Trinkgelddebatte! In der Hiltl-Kette Tibits gibt es beim Zahlen mit Karte einen Zwischenschritt, bei dem man einen gewissen Prozentsatz an Trinkgeld anwählen kann. Das ärgere einige Kund:innen, wie die TA-Medien heute berichten. Trinkgeldzwang! Amerikanische Verhältnisse!
Aber gezwungen wird hier niemand; der Schritt kann problemlos und ohne Konsequenzen einfach übersprungen werden. Klar, das Essen bei Tibits ist eh schon teuer, gerade für einen Selbstbedienungsladen. Aber da hat man sich ja längst dafür entschieden: Wenn man sowieso so viel Geld für Buffetfrass ausgeben will, wieso dann im allerletzten Schritt noch sparen wollen? Wer kein Trinkgeld geben will, soll das eben nicht tun. Sich derart darüber aufzuregen, wie das einige nun tun, ist wohl doch eher ein Hinweis auf ihre allgemeine Knausrigkeit. Ja, die Preise steigen überall, das Leben ist teuer. Aber jene, die sich das Auswärtsessen erfreulicherweise doch leisten können und wollen, werden die paar aufgerundeten Rappen oder Franken sicher nicht arm machen. Sparen in der Beiz, das ist sowieso schlechter Stil.
Und «amerikanische Verhältnisse»? Sind das zum Glück noch nicht. In den USA sind die Löhne in der Gastronomie seit jeher so schlecht, dass die Kund:innen verpflichtet sind, fünfzehn bis zwanzig Prozent des Kaufpreises obendrauf zu legen (mittlerweile wird zum Teil auch mehr erwartet). In der Schweiz ist seit 1974 gesetzlich festgelegt, dass der Service im Lohn inbegriffen sein muss. Aber auch hierzulande sind die Löhne in der Gastronomie nicht hoch: 20.14 Franken für Ungelernte, 28.71 Franken für Gelernte sind als Mindestlohn im L-GAV festgelegt. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Betriebe, ihren Angestellten einen anständigen Lohn zu bezahlen, der auch ohne Trinkgeld zum Leben reicht. Trotzdem ist das Trinkgeld ein willkommener Zustupf und ganz abgesehen davon: eine freundliche Geste als Form der Anerkennung, die in dieser Branche nun mal dazugehört. Denn die Leute, die bei Tibits oder anderswo an der Theke stehen, machen damit auf jeden Fall nicht das grosse Geld.