«Tele Blocher» reloaded

Just an dem Tag, als die Vereinigte Bundesversammlung zur Gesamterneuerungswahl des Bundesrats schritt, gefiel es dem Schweizer Fernsehen, eine neue dokumentarische Langzeitstudie zum einst glücklos abgewählten Bundesrat Christoph Blocher auszustrahlen. Nachdem man in der Wahlsendung am Morgen bereits Hans-Rudolf Merz vor seiner imposanten Holzkuhsammlung zuhören durfte, gabs zu auffallend später Stunde also auch noch Blocher – wie immer ausladend dozierend vor seinen Anker-Bildern. Der 97-minütige Film ist überschrieben mit «Christoph Blocher – Leben und Kampf für seine Schweiz», ein Titel sicher ganz in Blochers Sinn.

Überhaupt wähnt man sich streckenweise in einer weiteren Ausgabe von «Tele Blocher». Launig plaudernd inszeniert sich der rüstige Rentner selbst, garniert mit bekannten und ein paar neuen Archivaufnahmen. Der preisgekrönte TV-Journalist Hansjürg Zumstein hat Blocher über viele Jahre begleitet, sein Vertrauen gewonnen, ihn immer wieder befragt: in der Villa hoch über dem Zürichsee, im Bundesratsbüro, im Auto, bei Auftritten vor seinen Anhänger:innen. «Zwanzigmal klonen» müsste man ihn, sagt eins dieser Groupies in die Kamera. Überhaupt sind sie allesamt Blocher-Fans, alle diese namenlosen Leute aus dem «Schweizervolch», die im Film zu Wort kommen.

Als wichtiger politischer Gegenspieler wird Helmut Hubacher befragt: klar in Kopf und Urteil, aber von Alter und tödlicher Krankheit bereits schwer gezeichnet. Seine Gebrechlichkeit kontrastiert ungemütlich mit dem von der Saftwurzel Blocher penetrant beschworenen Kult um «die Kraft», die sich gegen alle Widerstände durchsetzen müsse. Die Kritik des Journalisten wiederum erschöpft sich lange in Stilfragen: Blocher «verspotte» seine Gegner:innen, er «provoziere», «polarisiere» in bisher ungekannter Weise, sei «umstritten». Na, wenns nur das wäre, möchte man entnervt dazwischenrufen.

Das eiskalte Durchpeitschen einer immer mehr ins Rechtsextreme ausgreifenden SVP-Politik, der ganze rechte Umbau der Schweiz, kommt in diesem Porträt des «listigen Unternehmers und Milliardärs» nur am Rande vor. Immerhin gibts Hinweise, dass Blochers Version seines Kaufs der Ems-Chemie geschönt sein könnte; auch seine «Steuerpolitik» wird kritisiert und dass die Rolle der nationalsozialistischen Chemiker in der Firmengeschichte von 2011 (Titel: «Erfolg als Auftrag») ausgeblendet wird.

Erst in den letzten Minuten der Dokumentation kippt die Stimmung merklich. Wir sehen eine weitere triumphierende SVP-Veranstaltung auf einem Hügel in der Innerschweiz, mit Blocher und einer Hetzrede seines Ziehsohns Roger Köppel. Die Anwesenden wirken in ihrem Freilufttheater mit Schweizerfahnen, loderndem Feuer und Kuhglocken wie eine Zusammenrottung irrlichternder, unheimlicher Patrioten, denen ziemlich alles zuzutrauen ist.

«Christoph Blocher – Leben und Kampf für seine Schweiz» gibts bei Play SRF.

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Kommentare

Kommentar von Igarulo

Sa., 23.12.2023 - 17:17

Christoph Blocher ist schlauer als viele andere. Er versprüht nationale Politik fürs Volch zwecks SVP stärken und kombiniert sie bauernschlau mit seiner Wirtschaftspolitik, auf dass sein pekuniärer Säckel sich füllen möge.