Greenpeace: Erfolg gegen Syngenta-Pestizid
Es ist ein wegweisender Entscheid, den das Bundesgericht gefällt hat: Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) muss bei der Zulassung eines Syngenta-Pestizids mit dem Wirkstoff Tefluthrin über die Bücher. Das Insektizid ist kaum abbaubar und reichert sich in der Umwelt an, es gefährdet Lebewesen im Wasser und Nützlinge wie Bienen. Trotzdem bewilligte das damals zuständige Bundesamt für Landwirtschaft 2020 sogar noch eine Ausweitung seines Einsatzbereichs von Futter- und Zuckerrüben auf Mais, Getreide und Chicorée. Dagegen klagte Greenpeace und forderte, gestützt auf das Vorsorgeprinzip, ein grundsätzliches Verbot. Damit ist die NGO zwar nicht durchgedrungen, aber ihr Etappensieg ist wichtig, stuft das Bundesgericht doch die ungeprüfte erweiterte Zulassung als «rechtswidrig» ein, da «konkrete Anhaltspunkte» bestehen, «dass das Pflanzenschutzmittel unter den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen in das Oberflächengewässer gelangen kann». Jetzt muss das BLV den Wirkstoff einer detaillierten Risikoprüfung unterziehen.
Wegweisend ist das Urteil des Bundesgerichts aber noch in anderer Hinsicht: Es stärkt das Verbandsbeschwerderecht, das von bürgerlicher und Wirtschaftsseite immer wieder torpediert wird. Dabei ist es bereits ein eng begrenztes Instrument, anwendbar vor allem im Umwelt- und Naturschutz. Nicht einmal dreissig Organisationen genügen den strengen Auflagen und sind überhaupt beschwerdeberechtigt. Und sie tragen das volle Risiko: Wird ihre Klage abgewiesen, müssen sie für die Verfahrenskosten aufkommen.
Wirkmächtiger für den Schutz von Umwelt und Gesundheit wäre ein anderes Instrument: die aus den USA bekannte Sammelklage, in der im Namen einer Vielzahl von Geschädigten geklagt werden kann. Nur schon psychologisch – fürchten sie Konzerne, Wirtschaftsverbände und Bürgerliche doch wie der Teufel das Weihwasser, weil Sammelklagen oft in Vergleichen enden, die Firmen teuer zu stehen kommen. Während die EU letztes Jahr kollektive Verbandsklagen zugelassen hat, wehrt sich das Parlament seit Jahren gegen eine solche Erweiterung in Richtung Sammelklage. Ein Vorschlag des Bundesrats liegt schon lange vor – in der Frühlingssession hat sich der Nationalrat erneut geweigert, sie überhaupt zu diskutieren.