Kann sich das Kuzeb kaufen?
Jetzt gehts fürs Kuzeb um alles oder nichts: Das Kulturzentrum Bremgarten, mit 33 Lenzen die dienstälteste (Teil-)Besetzung der Schweiz und gelebte kommerzfreie Utopie, sieht sich mit der kapitalistischen Realität konfrontiert – die Eigner der Liegenschaft wollen das Grundstück an bester Stadtlage verkaufen.
Der Betrieb in der ehemaligen Kleiderfabrik hat schon einiges überlebt: eine Räumung, einen Verwüstungszug von Rechtsextremen, eine Razzia, den mehrjährigen Rechtsstreit mit der Stadt und juristische Attacken durch Andreas Glarner (siehe WOZ Nr. 12/24), um nur eine Auswahl zu nennen. Aus all dem ist das Kuzeb, das für einen Teil des Gebäudekomplexes seit jeher Miete zahlt, gestärkt hervorgegangen – und längst zu einer regionalen Institution geworden. Umso grösser war der Schock, als die Besitzer der Liegenschaft, der über neunzigjährige Max Meyer und seine Neffen, bekannt gaben, das Areal aufgrund von Meyers Alter veräussern zu wollen.
Woher die vier Millionen nehmen, die die Eigentümer forderten? Ein anonymer Grossspender macht nun die Sensation möglich: Er stiftet einen Millionenbetrag, sofern Bedingungen erfüllt werden: Das Haus muss weiterhin kollektiv und basisdemokratisch betrieben werden und soll dauerhaft der Immobilienspekulation entzogen sein. Zudem muss das Kuzeb 500 000 Franken selber auftreiben. Bis jetzt wurden bereits 220 000 gesammelt. «Der Support ist gross», sagt Silas Roth vom Kuzeb-Medienteam. «Von Thun bis St. Gallen machen andere Kulturhäuser Soli-Anlässe für uns, und auf unserer Infotour drücken uns die Leute Bargeld in die Hand.» Trotzdem bleibt der Ausgang der Geschichte offen: Die noch fehlenden 280 000 Franken müssen bis Ende August im Kasten sein – die Besitzer wollen das Geschäft innert nützlicher Frist abwickeln.
Laut Umfrage des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers» stehen sämtliche Ortsparteipräsident:innen (mit Ausnahme der utopieresistenten SVP) einem Erwerb durch das Kuzeb positiv gegenüber. «Das hat uns erstaunt», sagt Roth. Womöglich haben die Politiker:innen erkannt, was die lange geschmähten Besetzer:innen nebst Konzerten und Partys für die Stadt und die Region leisten: Das Kuzeb bietet von der Kletterhalle über Werkstätten, Fotolabor, Druckerei, Skaterampe und Nähatelier bis zum Garten ein breites soziokulturelles Angebot, von dem Jugendliche, Geflüchtete und weniger begüterte Menschen aller Art profitieren können. Und das ohne eine Franken Lohnarbeit, also für die Öffentlichkeit gratis und franko.
Übrigens sind auch ältere Semester willkommen, wie Roth erzählt. Neulich hat sich ein alter Mann gemeldet, dessen Trompetenspiel den Nachbar:innen zu laut war. Seither darf er im Kuzeb üben.