Sachbuch: Feministische Filmgeschichte

Nr. 22 –

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Buchcover «Frauenkino Xenia – Zürich»
Doris Senn: «Frauenkino Xenia – Zürich». Schüren Verlag. Marburg 2024. 256 Seiten.

Gespräch mit der Autorin am Donnerstag, 5. Juni 2025, um 18.30 Uhr im Schweizerischen Sozialarchiv in Zürich.

Zuweilen muss es wild zugegangen sein im Frauenkino Xenia. Es kursieren abenteuerliche Geschichten: von weissen Absperrbändern und wütenden Männern, die partout nicht akzeptieren wollten, dass dieser Ort nicht für sie gedacht war. Fünfzehn Jahre lang, von 1988 bis 2003, durften an den Donnerstagabenden nur Frauen die Kinobaracke auf dem Zürcher Kanzleiplatz betreten. Ein «‹safe space› avant la lettre», wie es eine der Xenia-Gründerinnen formuliert – und das erste Kino in Europa, das Filme von Frauen für Frauen zeigte.

Ein Stück feministische Filmgeschichte also, das Doris Senn in ihrem Buch «Frauenkino Xenia» in Form von Dokumenten, Gesprächen und Essays aufrollt. Senn war in den neunziger Jahren selbst Xenia-Aktivistin, bis sie 2001 die Koleitung des queeren Filmfestivals Pink Apple übernahm. Diese Nähe ist Stärke und Schwäche zugleich. Die Oral-History-Gespräche mit ehemaligen Aktivistinnen, die das Kino über die Jahre in immer wieder neuen Konstellationen betrieben, kommen etwas protokollarisch daher. Zusammen mit den Texten, die den Gesprächen vorangestellt sind und sie in Theoriedebatten und einem grösseren feministisch-filmischen Netzwerk verorten, machen sie das Buch aber zu einer ergiebigen Ressource für Filmliebhaber:innen und Lokalhistoriker:innen.

Ein Highlight sind die sorgfältig gestalteten Programmplakate, die die «Xenias» bei der von einem Frauenkollektiv betriebenen Genopress drucken liessen. Sie widerspiegeln, was die Filmemacherinnen im Lauf der Zeit beschäftigte: Frauen im Libanon, in Kuba und in der Sowjetunion; Gen- und Reproduktionstechnologien; Black Women’s Cinema; ein Filmzyklus zu Delphine Seyrig, einer zu Jodie Foster.

Manchmal öffneten Zollbeamte auf der Suche nach anstössigem Material die Schachteln mit den sperrigen Filmrollen. Und manchmal kam es vor, dass sich ein Streifen, der im Filmverleihkatalog spektakulär klang, im Saal als Enttäuschung herausstellte. So erinnert sich eine Xenia-Aktivistin an das Bangen vor jeder Aufführung: «Hoffentlich kommt der Ton! Hoffentlich kommt das Bild! Und hoffentlich ist der Film gut!»