Sachbuch: Zwischen Muni und Jätroboter
Vor gut fünfzig Jahren gaben Toni Holenweger und Werner Mäder im Limmatverlag die «Inseln der Zukunft» heraus. Im Buch porträtierten sie ein paar selbstverwaltete Betriebe. Dazu lieferten sie eine geballte Ladung Theorie, denn auf den Zukunftsinseln sollten die Schweiz und die Welt verändert werden. Das jetzt erschienene Buch «Das Radiesli stimmt mich zuversichtlich» geht die Sache bodenständiger an.
Nicole Egloff schreibt zur sinnstiftenden Kraft dieses Gemüses zwölf Reportagen über Bäuerinnen und Gärtner. Anschaulich erzählt sie, wie diese Saatgut finden, den Muni streicheln, das GPS für den Jätroboter einstellen und die Tabellen für die Subventionen ausfüllen. Raphaela Graf hat die Höfe, Hühner, Zucchetti, Bäuerinnen und Gärtner fotografiert. Berührend, wie respektvoll und verständig die zwei Reporterinnen arbeiten.
Bei aller Vielfalt vom Kartoffelgärtner bis zur Hühner- und Rinderzüchterin beschäftigt ein Thema alle zwölf: Grundlegend ist der Boden. Vielerorts hat die gängige Landwirtschaft Äcker verdorben und Felder ausgelaugt, in jahrelanger Arbeit müssen Humus und Biodiversität aufgebaut werden, bevor Zuversicht gedeihen kann. Ausserdem lernt man, dass Tiere zur vielfältigen Landwirtschaft im Kreislauf gehören, man sündigt also nicht, isst man sie mit Mass. Ermutigend: Die zwölf Bauernhöfe wirtschaften erfolgreich ohne Gift, mit grossem professionellem Wissen und mit viel Zuneigung für die Hühner und Schweine.
Da und dort zündelt leise Kritik an den Zumutungen des Schweizer Bauernverbands, an der Macht der Agroindustrie und am mutlosen Bundesrat. Im Buch ist dazu ein Gespräch mit einer Forscherin und einem Forscher zu lesen – es ist etwas wolkig und abgehoben geraten. Die Zuversicht der Radiesli schmälert wohl da und dort die Realitäten von Landwirtschaft und Ernährung. Um auch die anzugehen, braucht es mehr als zwölf «Bauernhöfe, die Landwirtschaft neu denken».