Leser:innenbriefe

Halluzinieren als Fantasie
«Jonas Lüscher: Müsste der Maschinenstürmer heute Serverfarmen angreifen?», WOZ Nr. 11/25
Jonas Lüscher stellt im Interview die rhetorische Frage «Wenn die künstliche Intelligenz halluziniert: Ist das einfach ein Rechenproblem?» Und gleich darauf mutmasst er entsprechend: «Eventuell ist das etwas, das sich mit Rechnern gar nicht lösen lässt.»
Die Titel einiger Vorveröffentlichungen deuten an, dass die Informatikforschung Jonas Lüschers Vermutung teilt, in den Artikeln selbst wird sogar behauptet, dies beweisen zu können. Hier Titel in gekürzter Form: «Hallucination Is Inevitable» oder «LLMs Will Always Hallucinate». Einerseits können wir uns also nicht uneingeschränkt auf die Antworten von Large Language Models (LLM) verlassen. Andererseits scheint Halluzinieren nicht immer schlecht zu sein: «Hallucinations Can Improve Large Language Models in Drug Discovery». Will man LLMs anthropomorphisieren, könnte man sich zum Bild versteigen, dass das Halluzinieren Ausdruck von Fantasie ist, was ja für die Kreativität durchaus erwünscht ist. Die Frage im Titel der deutschsprachigen Version eines Science-Fiction-Klassikers, «Träumen Androiden von elektrischen Schafen?», ist also aktueller denn je, womit wir wieder zurück im Metier von Jonas Lüscher sind.
Caveat: Vorveröffentlichungen haben zwar noch nicht den Status von wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis, meistens jedoch erhärten sich deren Inhalte schnell dazu.
Thomas Preu, per E-Mail
Distanzierung
«Jenische: Mit dem Rotstift», WOZ Nr. 11/25
Ich distanziere mich öffentlich von den Machenschaften im Bundesrat, die das Ziel hatten, eine von Elisabeth Baume-Schneider vorgesehene Entschuldigung gegenüber den Jenischen für das ihnen angetane «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» zu hintertreiben! Die Begründung war, «dass es heute keine Mitverantwortung dieses Staates gibt» und daher keine Verpflichtung bestehe, sich für vergangene Verbrechen dieses Staates zu entschuldigen.
Aber es besteht die Verantwortung, sich für vergangene Verbrechen dieses Staates zu schämen! Ich erkläre öffentlich, dass ich diese beschämende, widerliche Unanständigkeit missbillige. Ich würde mir wünschen, dass eine oder mehrere der heutigen Organisationen, die sich dem solidarischen Verhalten unserer Gesellschaft widmen, die Möglichkeit zu einer grossen Kampagne nutzen, in der sich alle menschlichen Teile unserer Gesellschaft in aller Deutlichkeit gegen das ungebührliche Verhalten des Bundesrates aussprechen!
Dank an Bundesrätin Baume-Schneider, die sich in einem persönlichen Brief bei den Jenischen entschuldigte. Mehr noch gewünscht hätte ich mir, wenn sie mehr ihrem Herzen gefolgt wäre und diesen Maulkorb gegen die Menschlichkeit zurückgewiesen hätte und so als Heldin der Menschlichkeit in die Geschichte der Schweiz eingegangen wäre.
Vergesst nicht, dass alle vor 1973 Geborenen dieser Willkür ausgesetzt waren, nur weil das Schicksal ihrer Geburt dafür oder dagegen entschieden hatte!
Beni Gnos, Allschwil
Internet zivilisieren
«Faschismusdebatte: Made in USA», WOZ Nr. 12/25
Ich staune, wie es immer wieder gelingt, den Begriff des Faschismus so lange zu zerreden, bis nur noch ein konfuser Nebel aus Ideen übrig bleibt. Faschismus ist die Allianz einer charismatischen Bewegung mit der Oligarchie. Trump ist der Kopf einer charismatischen Bewegung, und er hat sich mit den IT-Oligarchen verbündet. Der Trumpismus ist Faschismus 2.0 und kann nur besiegt werden, wenn es gelingt, die Macht der IT-Oligarchen zu brechen und das Internet zu zivilisieren. Hier entscheidet sich unsere Zukunft; hier muss die Linke ansetzen, wenn sie nicht in Bedeutungslosigkeit versinken will.
Urs Peter, per E-Mail