Leser:innenbriefe

Spannender Blick
«Widerstand in Jordanien: Ein bisschen demonstrieren ist erlaubt», WOZ Nr. 25/24
Ich finde solche Berichterstattungen jeweils sehr spannend, die das politisch aktuelle Hauptgeschehen auf Nebenschauplätzen abbilden. Wie hier ein Einblick in die oppositionelle Aktivität Jordaniens, die in propalästinensischer Solidarität mit Demonstrationen einen Kanal findet. Gerne hätte ich noch erfahren, wie sich Fadi Amireh zum Einfluss der Hamas in der palästinensischen Gesellschaft äussert. Und ob überhaupt.
Michael Richter, Zürich
Pflegearbeit gehört bezahlt
«Care-Arbeit: Wen kümmerts?», WOZ Nr. 24/24
Pflege durch Angehörige gehört bezahlt. Es ist wichtig, dass Angehörige von den Angeboten von Organisationen wie Caritas, Pflegewegweiser, Aranacare Gebrauch machen. Das stärkt nicht nur den Selbstwert, sondern auch die finanzielle Situation von pflegenden Angehörigen. Ebenso wenn sie Betreuungsgutschriften bei der AHV/IV beantragen, um ihre Rente aufzubessern.
Pia Valentini, Winterthur
Teufelsspirale
«Bürgenstock-Gipfel: Die versteckte Botschaft», WOZ Nr. 25/24
Der Artikel zum Bürgenstock-Gipfel behandelt die Folgen der ausbleibenden Getreide- und Düngerlieferungen aus der Ukraine und Russland für die afrikanischen Staaten. Dabei blendet er einen für die Ernährungssicherheit wesentlichen Punkt aus.
Wie Berichte der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Uno (FAO) sowie der Deutschen Welthungerhilfe zeigen, haben bewaffnete Konflikte, ökonomische Krisen, Naturkatastrophen sowie die Zerstörung von Lieferketten durch die Coronamassnahmen zu circa 250 Millionen hungernden Menschen in Afrika geführt. Von den im Artikel erwähnten 400 Millionen, die vor dem Krieg gegen die Ukraine durch Exporte ernährt wurden, leben allerdings die wenigsten in afrikanischen Staaten: Nur circa ein Prozent des durch den «Getreidedeal» gehandelten Getreides der Ukraine landete in den Konfliktregionen Afrikas. Die Probleme der lokalen Bäuer:innen sind vielmehr die Schulden, die auch durch den Krieg gegen die Ukraine gestiegene Inflation und der erschwerte Zugang zu Saatgut und Dünger.
Eine klimazerstörende Teufelsspirale hat in Afrika eingesetzt: Strukturanpassungs- und Entwicklungsprojekte haben die ländliche Entwicklung und lokale Produktions- und Lieferketten vernachlässigt. Traditionelle Feldprodukte werden durch Exportprodukte bis hin zu Blumen ersetzt. Das hybride Saatgut muss jedes Jahr neu gekauft werden. Eine zunehmend schlechtere Bodenqualität braucht mehr Stickstoffdünger – und der kommt in erster Linie aus China, Russland, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten.
Der Getreidepreis ist volatil, und Studien der FAO und von Oxfam zeigen, dass Spekulationen einen grossen Anteil an zu hohen Getreidepreisen haben. Auch in Zug und Genf wird mit Agrarrohstoffen gehandelt. Ein Grossteil davon wird nicht als «Brotweizen» verwendet, sondern geht als Mais und Gerste in die Tierproduktion. Zwar überwiegend nach Europa, aber wohl auch in die Geflügelfarmen von Kenias Präsident William Ruto.
Nils Rosemann, Bern