Zürcher Wohnpolitik: Viel Aufregung um fast nichts
Das 23. Traktandum der 81. Gemeinderatssitzung der laufenden Legislatur des Zürcher Stadtparlaments wurde letzte Woche zur Schlagzeile: «Günstige Stadtwohnungen auch für Reiche?», fragte der «Blick»; «Die Zürcher Linke sagt dazu Ja», wusste die NZZ, «in Zürich sollen jetzt auch Millionäre günstig wohnen»; und «So wirds absurd», kommentierte der «Tages-Anzeiger».
Die Titelsetzungen liessen aufhorchen: Wurde hier klammheimlich eine irrwitzige Wende in der Zürcher Wohnpolitik beschlossen? Sollen künftig staatlich subventionierte Wohnungen an die Oberschicht vergeben werden? Und wurde das so von linken Stadtpolitiker:innen eingefädelt? Die Antwort auf alle drei Fragen wurde dann aber bereits in den Texten selbst gegeben: Nein.
In der Tat handelt es sich beim Entscheid um eine ziemlich technische und doch auch ein wenig fragwürdige Änderung: Im Kanton Zürich haben die Gemeinden seit 2019 das Recht, bei Wohnungen, die durch Um- und Aufzonungen entstehen, bei den Bauherr:innen einen Mindestanteil von kostengünstigen Wohnungen einzufordern. In der Verordnung dazu forderte der Zürcher Stadtrat für diese Wohnungen – analog zu den städtischen Wohnungen – neben Belegungsvorschriften und Wohnsitzpflicht auch eine Einkommenslimite: Das zusammengezählte steuerbare Einkommen des Haushalts soll bei Einzug maximal viermal so hoch sein dürfen wie die Brutto-Jahresmiete der Wohnung*, während der Mietdauer darf das Jahreseinkommen dann maximal auf das Sechsfache der Jahresmiete ansteigen.
Die linke Mehrheit in der zuständigen Kommission hat diesen Passus nun zur Streichung empfohlen, und der Gemeinderat hat diese Empfehlung knapp angenommen. Konkret heisst das: Bei diesen, spezifisch durch Um- und Aufzonungen entstandenen, kostengünstigen Wohnungen in Privatbesitz soll es künftig keine Einkommenslimite mehr geben. Auch Mieter:innen mit mittleren Einkommen sollen dadurch eine Chance auf eine bezahlbare Wohnung erhalten, argumentierten einige aus der linken Ratshälfte. Da Personen mit mittleren Einkommen keinen Anspruch auf städtische Wohnungen haben, ist diese Argumentation nachvollziehbar. Die Ratsrechte und die bürgerlichen Medien können beruhigt sein: Die bestehenden Belegungsvorschriften und die Wohnungsgrössen sollten Millionär:innen von einer Bewerbung abhalten.
* Korrigendum vom 21. Januar 2024: In der Printversion sowie in der alten Onlineversion wurde die Einkommenslimite nicht ganz präzise erläutert. Dies haben wir in dieser neuen Olineversion nun angepasst.