Satire bei SRF: In der Gegenwart angekommen
Late-Night-Shows im deutschsprachigen Raum können – anders als ihre US-Vorbilder – auf eine höchstens mässig erfolgreiche Geschichte zurückblicken. SRF gibt dem Konzept trotzdem eine weitere Chance, gestern lancierte es als Nachfolge für «Deville» die «Sendung des Monats».
Was Moderator Gabriel Vetter zusammen mit Fabienne Hadorn und Sven Ivanić in der ersten Folge darbietet, erstaunt durch eine konsequent progressive Haltung im besten Sinn des Wortes: Im Gegensatz zu anderen Satireformaten, die gerne mal gegen unten treten, wird hier eigentlich gar niemand getreten. Das Format ist im 21. Jahrhundert angekommen und holt Frauen oder Menschen mit Migrationsgeschichte lieber auf die Bühne, statt sie platt zu parodieren.
Witz entsteht auf andere Weise, zum Beispiel, wenn in einer schnell geschnittenen slapstickartigen Aneinanderreihung von Memes und Videos die Newsaufreger des vergangenen Monats upgecycelt werden. Oder wenn die von der SVP gewitterte linke Politisierung des Wetterberichts ad absurdum geführt wird: Die grüne Wetterfee kann hier ob der Hitze nur noch schreien – «Das ist kein Wetter, sondern Klima!» –, und der FDP-Wetterbericht ist vor allem mit der Aufzählung der hauseigenen Sponsoren beschäftigt. Bei der SVP hat es zu viele Wolken, und sie kommen erwiesenermassen alle aus dem Ausland.
Dass Satire mit doppeltem Boden und Selbstironie, aber ohne Stigmatisierung produziert werden kann, beweist die Sendung in ihrer Sternstunde. Sie kürt den «Gebührenzahler des Monats», der seine 335 Schweizer Franken von der Serafe zurückerhält, diese aber innerhalb eines Tages in Begleitung von Reporter Moritz Schädler wieder verprassen muss, am liebsten auf einer Einkaufstour in Deutschland. Nach der Ersteigerung übergrosser Gartenzwerge und von ausreichend Flüssigleim folgt das Fazit des Gebührenzahlers: Für dermassen fundierten Journalismus, wie ihn die «Sendung des Monats» biete, zahle er seine TV-Gebühren gerne.