Hausbesetzungen: «Wem sini Strasse, wem sini Quartier?»

«Kämpfe verbinden» ist nicht einfach eine abgedroschene Phrase. Das zeigte der diesjährige 1. Mai: Während am Mittwochnachmittag auf dem Zürcher Kasernenareal Hunderte, ja wohl gar Tausende Menschen den Tag der Arbeit begingen, während die revolutionären Nachdemonstrationen im Kreis 4 den Kampf um den öffentlichen Raum ausfochten und Stadt- und Kantonspolizei auf Trab hielten, machte eine Meldung von einer Häuserbesetzung nach der anderen die Runde. 

Altstetten, Höngg, Oerlikon: Die Besetzer:innen vermeldeten die Besetzungen jeweils auf der Website «Alles wird besetzt» – und schickten Grüsse an die revolutionäre Nachmittagsdemo in Zürich raus. «Wenn ganz Zureich sich vernetzt, wird auch Albisrieden besetzt», heisst es da. Ende des Tages waren es neun leer stehende Häuser, die weitab von Polizeihelikoptern, Gitterwagen, Gummischrotflinten besetzt worden waren. 

Die immer schon wichtigen Kernforderungen der Besetzer:innen – «Häuser denen, die drin wohnen» und «Kein Abriss auf Vorrat» – sind gerade dringlicher denn je. Allein im Jahr 2023 wurden in der Stadt Zürich über tausend bezahlbare Wohnungen abgerissen und durch teurere Neubauten ersetzt. Betroffen von dieser sogenannten Aufwertung sind besonders Zürichs Aussenquartiere: In Altstetten, Oerlikon und Schwamendingen wird viel gebaut – was immer auch bedeutet, dass Menschen aus der Stadt verdrängt werden. 

Umso wahnwitziger ist es, dass die Stadtpolizei Zürich ihre Praxis im Umgang mit Besetzungen in den vergangenen Jahren schleichend verschärft hat. Besetzer:innen werfen der Polizei vor, den Eigentümer:innen leerer Liegenschaften regelmässig nahezulegen, sanitäre Anlagen, Fenster oder Heizkörper zu demolieren, damit die Häuser nicht bewohnt werden können. In einem Fall soll die Polizei zudem empfohlen haben, einen Scheinvertrag aufzusetzen, damit sie freie Hand für eine Räumung hat. Damit schiesst die Stadtpolizei Zürich ihr eigenes Merkblatt zu Hausbesetzungen in den Wind. Dieses hält eigentlich fest, dass Besetzungen erst dann geräumt werden sollen, wenn «hinreichend klar» ist, dass die Liegenschaft unmittelbar nach der Räumung abgebrochen oder genutzt wird.

Umso erfreulicher waren die Nachrichten über die Besetzungen an diesem sowieso erfreulichen Tag. Schon am Vormittag hatten einzelne Gruppen während der Demonstration immer wieder «Wem sini Strasse? Wem sini Quartier?» skandiert. Die Antwort wurde an diesem 1. Mai gleich mehrfach gegeben.