Serie: Klinsmann und die Brandstifter

Nr. 5 –

Ausschnitt aus einer Werbung für die Serie «FC Hollywood. Der FC Bayern und die verrückten 90er»
«FC Hollywood. Der FC Bayern und die verrückten 90er». Deutschland 2024. ZDF-Mediathek.

Der Spitzensport dient nicht nur der Ausweitung des körperlich Möglichen, er bietet auch perfektes Rohmaterial für Seifenopern: Ohne Geschichten von tragischen Verlierern, unwahrscheinlichen Siegerinnen oder eitlen Intrigant:innen hätte er kaum die Strahlkraft, die ihn ausmacht. Das haben auch die Streamingdienste erkannt: Netflix etwa hat bereits das Geschehen in der Formel 1 (sechs Staffeln!) oder in der US-Basketballliga NBA narrativ aufbereitet.

Nun rekapituliert eine Dokuserie des ZDF in fünf Folgen die neunziger Jahre beim deutschen Fussballrekordmeister FC Bayern München, eine Zeit also, als Stars wie Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann oder Giovanni Trapattoni dort ihr Geld verdienten. Damals prägte ein endloser Strom von Privatfehden den Klub: Indiskretionen, Intrigen, Machtspiele, dazu noch jede Menge Absurditäten, die man heute eigentlich kaum für möglich halten will. Der Boulevard verpasste dem Verein deswegen den Spottnamen «FC Hollywood».

So erzählt etwa die erste von der Intimfeindschaft zwischen Stürmer Klinsmann, der 1995 frisch nach München gekommen war, und Platzhirsch Matthäus. Der Zwist eskalierte derart, dass Matthäus über die Presse Klinsmann zu einer Aussprache aufforderte – die vor laufenden Fernsehkameras stattfinden sollte. Später breitete Matthäus in einem «Tagebuch» fröhlich pikante Interna aus der Mannschaftskabine aus: offensichtlich nicht die allerbeste Idee, zu der ihm aber ein «Bild»-Reporter geraten hatte, der noch heute sichtlich stolz von seiner «Freundschaft» mit dem Spieler berichtet.

So erzählt die Serie zugleich von einer Ära, in der zwar dank des Privatfernsehens immer mehr Geld in den Fussball floss, die Klubs aber weit von der heutigen Professionalität in der Medienarbeit entfernt waren, was Revolverblätter mit Freude am Zündeln ausnutzten. Der historische Zufall wollte es, dass in München noch viele schräge Figuren dazukamen – oder wie es der Exprofi Thomas Strunz nur ein bisschen übertreibend formuliert: «Wir waren 22 Wahnsinnige.» Das, was das ZDF aus dieser Gemengelage macht, ist beste TV-Unterhaltung.