Leser:innenbriefe

Nr. 13 –

Verschiedene Wachstümer

«Werden, Wuchern, Weiten», «wobei» Nr. 2/2022

Kontinuierliches lineares Wachstum zeichnet sich nicht durch «einen festen Faktor», sondern durch eine fixe Zuwachsrate, einen Summanden, aus. Bei kontinuierlichem Wachstum mit «einem festen Faktor» handelt es sich hingegen gerade um das exponentielle Wachstum. Anders als im Text suggeriert, ist das logistische Wachstum nur eine Unterart des beschränkten Wachstums, übrigens wird das logistische Wachstum in der Anfangsphase durch exponentielles Wachstum gut angenähert.

Zusätzlich interessant und praktisch relevant: Mathematisch gesehen lassen sich Wachstum und sein Gegenteil, der Zerfall, oft mit den gleichen Formeln beschreiben. Der exponentielle Zerfall etwa unterscheidet sich vom exponentiellen Wachstum nur dadurch, dass der «feste Faktor» nicht über, sondern unter 1 liegt – bei der Covid-19-Pandemie war/ist es deshalb so wichtig, den Reproduktionsfaktor R mittels Massnahmen unter 1 zu drücken, denn dann breitet sich die Krankheit nicht mehr aus, sie geht im Gegenteil zurück. Neben diesen vom mathematischen Formalismus her sehr einfach zu beschreibenden drei kontinuierlichen Wachstumsarten (linear, exponentiell und logistisch) gibt es noch unzählige mehr, die praktisch aber von geringerer Bedeutung sind. Von besonderem ästhetischem Wert sind oszillierende Wachstumsvorgänge. Die Musterung von Tigern oder Zebras (Streifen) lässt sich etwa durch die Konzentrationen von konkurrierenden biochemischen Stoffen beschreiben, die nicht nur in der Zeit, sondern auch im Raum «wachsen».

Thomas Preu, Zürich

Ziehe den Hut

«Feminismus: Das Recht, nicht zu kämpfen», WOZ Nr. 10/2022

Das Umschreiben von Putin und seiner aggressiven Homophobie mag schon richtig sein. Es ist jedoch verfehlt, vom sicheren Schreibtisch aus jene infrage zu stellen, die für Freiheit und Demokratie ihr Leben einsetzen! Aber natürlich, «jeder Mann sollte das Recht haben, nicht zu kämpfen», so wie jeder das Recht hat, sich nicht gegen Covid zu impfen und keine Maske zu tragen, doch stopp, hier siehts die WOZ zum Glück anders. Natürlich sind Vergewaltigungen in jedem Krieg ein Thema, aber genauso in vielen hiesigen Haushalten, und immer abscheulich. Ich ziehe den Hut vor jenen, die mit Waffen versuchen, die Misshandlungen ihrer Mütter, Frauen und Töchter zu verhindern, und bereit sind, dafür mit dem Leben zu bezahlen. Putin mokiert sich leider ein Stück weit zu Recht über eine gewisse Verweichlichung im Westen. Widerstandsloses Aufgeben würde für die Ukraine den Verlust von Demokratie und Meinungsfreiheit besiegeln. Pazifistisches Gesäusel gepaart mit Männerfeindlichkeit ist da einfach nicht angesagt! Auch in der WOZ nicht, die sonst so bravourös und treffend die hiesigen Kriege erkennt und umschreibt, etwa jenen gegen die Armen oder gegen die Ausländer.

Marcel Ackeret, Winterthur

Neuer Begriff

«Kost und Logis: Der blinde Fleck», WOZ Nr. 11/2022

Liebe Frau Wysseier, was für ein zukunftsträchtiger Vorschlag! Eine «Inklusionsversicherung» könnte sicher einiges, was jetzt im Argen liegt, in Bewegung bringen. Ich schlage vor, den alten Namen gar nicht mehr zu brauchen, sondern provokativ immer Ihren neuen anzuwenden.

Christina Dolderer, per E-Mail

Unterdrückung bleibt Unterdrückung

«Antiimperialismus: Das Übel bringt nicht nur ‹Uncle Sam›», WOZ Nr. 11/2022

Herzliche Gratulation zum Artikel von Emran Feroz. Endlich hält der eurozentristischen Linken mal jemand den Spiegel vor. Es gibt auf dieser Welt definitiv nicht nur eine zerstörerische Kraft (USA), sondern verschiedene. Gelungener Artikel für alle, die noch in ihren «Kalter Krieg: Die Sowjetunion war doch als Gegenpol zum Westen schon ganz okay»-Fantasien leben oder im «Der Feind der Amis ist mein Freund, auch wenns halt ein totalitäres Repressionsregime ist». Querfrontscheisse! Unterdrückung bleibt Unterdrückung!

Christian Geiser, per E-Mail