Basler Polizeiproblem: Fisch, Kopf, Kündigung

Es sei ein erster Entscheid, sagte die Basler Polizeidirektorin Stephanie Eymann an einer Pressekonferenz vergangenen Freitag, «aber es ist nicht der letzte». Eymann hat den Kommandanten Martin Roth freigestellt, nachdem ein Untersuchungsbericht die unhaltbaren Zustände im Korps offenbart hatte. Recherchen der WOZ zufolge ist alles noch schlimmer als im Bericht skizziert: explizite, sexistische Beleidigungen gegenüber Polizistinnen, rassistische Polizeikontrollen, Gewalt gegenüber Schwarzen, sexuelle Übergriffe – die Liste ist lang.

Während Eymanns Kommunikationschef Toprak Yerguz letzte Woche die rassistischen Polizeikontrollen noch als «Unding», das intern bekämpft worden sei, bezeichnet und beschwichtigende Worte gewählt hatte, entschied man sich nun für ein deutlicheres Vokabular: Die Ausgangslage, so Eymann, sei verheerend. Es gehe um die Grundhaltung der Polizei, um Respekt. Einen Kulturwandel herbeizuführen, brauche allerdings Jahre, das müsse man nun angehen. Ausserdem danke sie Kommandant Roth, der den Untersuchungsbericht erst in Auftrag gegeben hatte, «in aller Form» für den «ehrenwerten Auftrag». Da die Leitungsebene und der Kommandant «ein grosser Teil des Problems» seien, führe der «Weg in die Zukunft» über eine:n neue:n Kom­man­dant:in, so Eymann.

Als konsequent und entschlossen wurde Eymann in den Medien danach gelobt. Dass sich die LDP-Politikerin offenbar nicht zur Leitungsebene zählt und es ihr auch nicht einfällt, dass sie als Departementsvorsteherin eine Mitverantwortung tragen könnte? Ein Detail. Dass sie doch eigentlich seit Jahren mit Roth zusammengearbeitet hat und nun vorgibt, nichts gemerkt zu haben? Dass Roths Kündigung wohl vor allem Eymanns Profilierung dient, sie Handlungsfähigkeit demonstrieren kann auf einem Feld, das hoffnungslos verloren ist? Alles Details.

Bemerkenswert sind neben dieser symbolischen Dampfplauderei vor allem zwei Aussagen: Erstens bezweifelte selbst Eymann, dass eine von der Ratslinken geforderte PUK einen Kulturwandel herbeiführen könnte – zu Recht, muss man sagen. Und zweitens sagte sie, sie habe auch Rückmeldungen von anderen Si­cher­heits­di­rek­tor:in­nen in der Schweiz erhalten; bei denen sehe es «ähnlich» aus.

Von der Verbreitung rechtsextremer Symbole im Korps der Stadtpolizei Zürich konnte man bereits vor wenigen Wochen auf tsüri.ch lesen. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass eine Institution, die das staatliche Gewaltmonopol verkörpert, voller Gewalt ist – und alles andere als ein Ort kritischer Selbstreflexion. Wie sieht es im Berner Korps aus? Wie im Genfer oder Aargauer? Man darf vermuten: Der Fisch stinkt, und nicht nur vom Kopf her.

WOZ Debatte

Diese Debatte ist abgeschlossen. Diskutieren Sie bei unseren aktuellen Themen mit! Wenn Sie eine Anmerkung zu diesem Artikel haben können Sie auch gerne einen Leser:innenbrief schreiben.

Kommentare

Kommentar von simbrubie

Mi., 03.07.2024 - 16:19

Das Problem liegt noch woanders. Polizei wie auch das Militär sind klar hierarchisch strukturiert, mit einer klaren Führungsperson. Autoritär veranlagte Personen, Rechtsextreme, Faschisten, etc. lieben solche Strukturen und fühlen sich deshalb in solchen Organisationen wohl.
Solange sich solche Menschen also bei der Polizei und dem Militär zuhause fühlen, wird sich auch nichts ändern.