Ghana: Gefahren des Ölbooms

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Das westafrikanische Land soll schnell zum Erdöl- und Gasexporteur werden. Das verspricht höhere Staatseinnahmen - und fette Profite für internationale Konzerne. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

«Jubiläum» heisst das Ölfeld, das rund 65 Kilometer vor der ghanaischen Küste liegt und 2007 entdeckt wurde. Hier lagern unter dem Meeresboden geschätzte 1,8 Milliarden Fass qualitativ hochstehendes Rohöl sowie ein grösseres Quantum Erdgas. Diese Menge ist für sich alleine genug, um dem ghanaischen Staat in den nächsten dreissig Jahren jährlich eine Milliarde US-Dollar zu verschaf­fen – ein Fünftel der heutigen Staatseinnahmen. Ende dieses Jahres soll mit der Förderung begonnen werden.
Die Bohrtürme ragen bereits aus dem Meer, Lagerungs- und Transportanlagen sind hochgezogen. Doch das ist erst der Anfang: Noch an vielen weiteren Stellen vor der Küste Ghanas wird nach neuen Ölfeldern gesucht. Weitere lohnende Felder sind bereits entdeckt worden. Das arme Ghana, wo achtzig Prozent der rund 24 Millionen EinwohnerInnen mit weniger als zwei US-Dollar im Tag auskommen müssen, wird zum Erdölstaat.

Der westafrikanische Staat hat relativ gute Chancen, dass ihm mit seinem Ölreichtum nicht das passiert, was vielen anderen afrikanischen Ölstaaten wie etwa Nigeria oder Tschad zur Plage wurde: Krieg um die Ressourcen, Menschenrechtsverletzungen und Korruption, während der grösste Teil der Bevölkerung vom neuen Reichtum nicht etwa profitiert, sondern nur noch ärmer wird.

Der Deal des Botschafters

Ghana gilt als einer der demokratischen Musterstaaten Afrikas. Die Jus­tiz scheint zu funktionieren: So war Ende letzter Woche bekannt geworden, dass die ghanaische Staatsanwaltschaft gegen die kleine ghanaische Firma EO sowie das US-amerikanische Ölunternehmen Kosmos Energy ermittelt. Sie sollen sich mit unfairen Mitteln Anteile an dem Jubiläumsfeld gesichert haben.

Das Meeresgebiet vor der Küste wurde vor einigen Jahren vom Staat in drei Gebiete aufgeteilt, in denen Firmenkonsortien nach Öl suchen und dieses dann auch abbauen dürfen. Viele internationale Firmen – zumeist aus den USA und Europa – haben sich Anteile gesichert. Die texanische Kosmos Energy gehört dabei zu den grössten Playern. Auf der einen Hälfte des Jubiläumsfeldes ist sie bei den Such- und Förderanstrengungen federführend und verfügt dort über einen Anteil von über dreissig Prozent.

In diesem Gebiet hält auch EO einen Anteil von 3,5 Prozent. EO gehört dem ehemaligen ghanaischen Botschafter in den USA Kwame Bawuah-Edusei sowie dem Verantwortlichen Geschäftsleiter von Kosmos in Ghana, George Owusu. Beide stehen dem früheren ghanaischen Präsidenten Nana Akufo-Addo nahe, der Ende 2008 die Wahl gegen den heutigen Staatspräsidenten John Atta Mills verloren hatte.

Die Anschuldigung lautet nun, dass EO mit seinem politischen Einfluss Kosmos ins Geschäft brachte und dafür von Kosmos seinen Anteil bezahlt bekam. Gemäss einem Bericht der britischen Zeitung «Financial Times» von vergangener Woche habe EO auch bei anderen westlichen Firmen angeklopft, um Geld für den Zugang zu ghanaischem Öl einzufordern.

EO wie Kosmos Energy streiten die Anschuldigungen ab. Sicher ist, dass beide Firmen bislang zu den grossen Profiteuren des ghanaischen Öls gehören. Mit der Entdeckung des Jubiläumsfeldes sind EOs 3,5 Prozent inzwischen rund 200 Millionen US-Dollar wert. Und Kosmos Energy kann gemäss der «Financial Times» von einer Verachtfachung ihres Kapitaleinsatzes ausgehen.

Kosmos will den Gewinn jetzt einfahren. Im Oktober letzten Jahres hat Kosmos angekündigt, ihren Anteil an den ghanaischen Ölfeldern an den US-amerikanischen Erdölmulti ExxonMobil zu verkaufen. Der Verkaufspreis soll vier Milliarden US-Dollar betragen. Kräftig mitverdienen werden dabei auch die beiden Private-Equity-Firmen Blackstone und Warburg Pincus. Sie hatten Kosmos 800 Millionen Dollar Risikokapital geliehen. ExxonMobil seinerseits kann damit sein Engagement in Afri­ka – die Firma ist schon in Nigeria, Guinea, Angola, Kamerun und Kongo vertreten – um einen strategischen wichtigen Pfeiler ausweiten.

Allerdings ist die Regierung Ghanas mit dem Deal nicht einverstanden. Sie beharrt darauf, dass das Kosmos-Energy-Unternehmen seinen Anteil nur mit ihrer Zustimmung verkaufen dürfe. Das sei so vertraglich abgemacht. Ausserdem wird Kosmos von der staatlichen Erdölgesellschaft GNPC beschuldigt, geheime geologische Daten an Dritte weitergegeben zu haben. GNPC hat ebenfalls Interesse an dem Anteil bekundet. Es wird spekuliert, dass sie ihrerseits wieder einen Teil weiterverkaufen könnte – etwa an die chinesische Ölgesellschaft CNOOC.

Transparenz kann helfen

Nicht nur in Ghana läuft derzeit ein internationales Rennen um den direkten Zugriff auf Ölfelder. In vielen weiteren afrikanischen Ländern wird nach Öl gesucht. In Uganda wurde kürzlich in der Nähe des Albertsees ein Ölfeld von der Grösse des ghanaischen Jubiläumsfeldes entdeckt.

Eine wichtige Voraussetzung, um die Korruption in den Ölstaaten zu bekämpfen, ist die Schaffung von Transparenz bei der Vergabe von Förderanteilen. Die 2002 von der britischen Regierung gegründete Extractive Industries Transparency Initiative (EITI)­ will erreichen, dass sich die Staaten freiwillig verpflichten, alle Verträge mit der Rohstoffindustrie zu veröffentlichen. Noch weiter gehende Forderungen stellt die 2002 gegründete Initiative Publish What You Pay. Dieser Zusammenschluss verschiedener nichtstaatlicher Organisationen fordert von den Staaten und Rohstofffirmen die verbindliche Offenlegung aller Verträge, Zahlungen und Einnahmen.◊